Mannheim. Das Bühnenbild macht Appetit: Ein riesiger Burger, Pommes, ein Getränkebecher, bunte Donuts sowie ein Getränkebecher mit Zeichnung von Chris Tall als Emblem, das auf eine amerikanische Fast-Food-Kette anspielt. Als der Vorhang fällt, tritt der um 25 Kilo verschlankte Comedian mit seinem vierten Programm „Schönheit braucht Platz“ am Donnerstag vor sein Publikum in der SAP Arena. Ganz in Schwarz und mit Brille sprüht der 32-Jährige vor Tatendrang und präsentiert sich in komödiantischer Hochform.
Es könnte ein Leichtes sein, Christopher Nast, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, in eine Schublade zu stecken. Als Komiker, der an einen knuddeligen Teddybären erinnert, während er mit unschuldiger Miene die derbsten Sprüche rauskloppt. Doch dann sorgt der Künstler wieder für eine neue Facette. Ausgerechnet in der Zugabe, wenn das Publikum eher auf eine finale zotige Story aus dem Leben des Hamburgers gewartet hat, zeigt Tall seine verletzliche Seite. Er redet über Cybermobbing und ihre Folgen. So erzählt er, dass er gerne Bilder aus seinen Shows auf den Sozialen Medien gepostet habe. „Dann liest man halt Sachen, die man lesen oder auch nicht lesen will.“ Und nennt unflätige Beleidigungen, mit denen er konfrontiert wird. „Das ist überhaupt keine Beschwerde, das ist einfach nur schade, dass Menschen mittlerweile so asozial geworden sind.“
Vor Corona sei er damit besser klargekommen, da er sich auf das Livepublikum konzentrieren konnte. Doch im Lockdown seien Auftritte weggefallen - und damit ein wichtiger Halt in seinem Leben. Tall habe dadurch viele Gemeinheiten online gelesen, was ihm aufs Gemüt geschlagen haben. „Man glaubt das irgendwann“, sagt er. „Mir ging es von Tag zu Tag schlechter. Bis ich irgendwann keinen Bock mehr hatte auf die Bühne zu gehen.“ Mobbing habe sich ins Internet verlagert, was auch viele Jugendliche belastet. „Mir wird immer wieder gesagt, lies es doch einfach nicht.“ Er plädiert jedoch dafür: „Schreib sowas nicht, damit jemand anderes sowas nicht lesen muss.“
Gäste werden Teil der Show
Ansonsten hat sich der Komiker seine frech-frivole Art beibehalten. Mit Samthandschuhen wird niemand angefasst. Manche der rund 5000 Gäste werden zudem Teil der Show. Da frotzelt Tall über den vegan lebenden Erzieher Domi. Lisa vermittelt er, ihr Freund wolle ihr einen Heiratsantrag machen, und den elfjährigen Len, der zu ihm auf die Bühne darf, würde Tall am liebsten adoptieren. Bei seinen Witzen macht er aber auch vor sich selbst nicht halt. So verrät er dem Publikum, dass er abgenommen habe, um sein bestes Stück wieder sehen zu können. Nur um schließlich festzustellen: „Am Bauch lag’s nicht.“ Während er früher von Dünnen gemobbt worden sei, werde er nun von den Mehrgewichtigen als Verräter tituliert.
Der Komiker parodiert zudem seinen Kollegen Mario Barth gekonnt, und zeigt, wie dieser als Comedy machen würde, wenn er ein Fisch wäre. Schließlich outet er sich als „Malle-Assi“, der von seinen Trips am Ballermann so manche amüsante Anekdote auf Lager hat - Hotelanlagen ohne Dach, Rentner am Nacktpool und denkwürdige Musicalaufführungen inbegriffen.
Zum Schluss bittet er seine begeisterten Fans, während einer Show auch ab und zu das Handy wegzulegen. „Genießt einfach mal das Leben - live, wie es ist.“
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/kultur_artikel,-kultur-chris-tall-in-mannheim-nicht-nur-lustige-zoten-auch-verletzliche-seiten-_arid,2135835.html