Hochdotierte Plattenverträge, kostspielige Videos, Privatjets und Platin-Alben – das war gestern. Heute muss jeder Künstler schauen, wie er mit der Spotify-Realität klarkommt. Auch Bryan Adams (65) – auf seinem neuen Album „Roll With The Punches“ gibt sich der Kanadier kämpferisch.
Herr Adams, was ist das für ein Gefühl, seit 45 Jahren im Geschäft zu sein?
Bryan Adams: Ein bisschen seltsam – weil es mir zeigt, wie alt ich bin. (lacht) Gleichzeitig hat es immer noch etwas Aufregendes. Dazu zählt dieses neue Album, das auf meinem eigenen Label erscheint und komplett unabhängig ist. Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber ich lasse es darauf ankommen.
Klingt nach einer Herausforderung.
Adams: Bislang habe ich nur einen Angestellten, der das mit mir stemmt. Ich mache das jetzt selbst, weil die Angebote der Musikindustrie fast eine Beleidigung waren. Dabei habe ich meinen ersten Plattenvertrag mit 18 unterschrieben und bin mit 62 aus dem letzten ausgeschieden. Ich habe mich gefragt: „Was mache ich jetzt?“ – und es selbst in Angriff genommen.
Und das sorgt für härtere, rockigere Songs, die an Ihr Frühwerk wie „Reckless“ und „Cuts Like A Knife“ erinnern?
Adams: Das Einzige, worum es mir ging, war ein Album für die Bühne zu machen. Ansonsten versuche ich nur, wiedererkennbar zu sein, aber halt nicht stehenzubleiben.
Bryan Adams
- Leben: Bryan Adams (*5. November 1959 in Kingston, Ontario) ist ein kanadischer Sänger, Songwriter, Gitarrist und Fotograf. International bekannt wurde er vor allem in den 1980er und 1990er Jahren mit Hits wie „Summer of ‚69“, „Heaven“ oder „(Everything I Do) I Do It for You“. Seine Musik umfasst Elemente aus Rock, Pop und Balladen, zudem war er als Songwriter für andere Künstler tätig.
- Tonträger: Adams veröffentlichte mehr als ein Dutzend Studioalben, darunter die erfolgreichen Werke „Reckless“ (1984) und „Waking Up the Neighbours“ (1991). Bis heute verkaufte er weltweit über 75 Millionen Tonträger und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter einen Grammy und mehrere Juno Awards. Zu seinen musikalischen Markenzeichen zählen seine rauchige Stimme und eingängige Melodien.
- Engagement: Neben seiner Musik engagiert sich Adams für wohltätige Zwecke und ist als Fotograf international anerkannt. Er lebt heute in London und tourt weiterhin regelmäßig durch die ganze Welt.
- Neues Album: Roll With the Punches (45 Min, Bad Records).
Hat es einen Grund, dass die beiden Balladen des Albums ganz am Ende stehen?
Adams (lacht): Es liegt nicht daran, dass ich mich dafür schäme. Sondern: Sie sind Teil meines Ausdrucks. Gleichzeitig findet sich auf jedem meiner Alben eine gesunde Portion Rock´n´Roll. Es ist nur so, dass es immer die Balladen sind, die im Radio laufen – was mich auf einen Aspekt meines Schaffens reduziert.
Stört Sie das?
Adams: Solange es gute Songs sind – nein. Ich veröffentliche nichts, wozu ich nicht stehe.
Was hat es mit dem monströsen Boxhandschuh auf sich, der das Cover-Artwork ziert?
Adams: Das ist eine visuelle Umsetzung des Albumtitels, die ich auch für meine Konzerte nutze: ein riesiger Boxhandschuh, der über dem Publikum kreist; wie das berühmte Schwein bei Pink Floyd. Ich halte das für eine nette Idee. Und ich liebe die Platten-Cover der 60er und 70er. In meiner Jugend habe ich viel Zeit damit verbracht. Es waren magische Momente.
Vermissen Sie die in der heutigen Musikwelt?
Adams: Und wie! Deshalb gibt es eine limitierte Auflage von „Roll With The Punches“, die ein komplettes zweites Album namens „Tough Town“ enthält – mit zehn Songs und einem tollen Cover.
Sie sind bis Ende 2026 auf Tournee – warum immer noch so viele Gigs? Sind Sie die Hotels und Flughäfen nicht langsam leid?
Adams: Nein, es macht mir immer noch Spaß. Von daher stört es mich nicht, so viel Zeit zu investieren. Ich liebe meinen kleinen Zirkus.
Früher litten Sie unter Lampenfieber. Sind Sie noch nervös, wenn es auf die Bühne geht?
Adams: Manchmal schon. Und sei es nur, weil ich hoffe, dass das Mikrofon funktioniert. Sonst ist das eine unangenehme Situation – die mir gerade wieder passiert ist: in einem antiken Amphitheater in Spanien. Da ist nach zwei Stücken der Strom ausgefallen. Also habe ich mir meine Akustik-Gitarre gegriffen, bin zum Bühnenrand und habe das Konzert alleine beendet.
Hatten Sie je einen Blackout auf der Bühne – einen Moment, in dem Sie einen Text oder einen ganzen Song vergessen haben?
Adams: Das passiert ständig. Dann improvisiere ich und hoffe, dass es niemand merkt. Wenn doch, lache ich einfach. Wir sind schließlich alle Menschen…
Was ist das mit Ihnen und Deutschland? Würden Sie sagen, dass Sie ein besonderes Verhältnis zu uns haben?
Adams: Das liegt an der Wertschätzung, die ihr Künstlern wie mir entgegenbringt. Ich erlebe hier eine Loyalität, die über die Jahre immer stärker geworden ist. Und ich sehe ständig Gesichter im Publikum, die ich seit 30 Jahren kenne. Das zeigt mir, dass da wirklich ein tolles Verhältnis herrscht.
Einer Ihrer populärsten Songs, „Summer Of 69“, wird oft als Hommage an Ihre Jugend interpretiert. Geht es nicht eher um eine Sex-Position?
Adams: Ja, und das ist mir auch nicht peinlich. Sex ist ein elementarer Bestandteil des Rock´n´Roll. Und das Interessante an dem Song ist, dass er erst in den frühen 90ern zum Hit wurde – Jahre später. In Deutschland war die beste Chartplatzierung Platz 62 - doch heute hört man ihn überall.
Wie ist das, den eigenen Song im Radio zu hören?
Adams: Umwerfend! Eine der besten Sachen, die dir als Musiker passieren kann. Bin ich mit dem Auto unterwegs, drehe ich voll auf. So laut es geht…
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