Konzertkritik

Blues-Rock-Glanzstunde mit Miller Anderson in Dudenhofen

Der legendäre britische Gitarrist und Sänger begeistert mit Blues- und Rockklassikern in der Festhalle Dudenhofen.

Von 
Martin Vögele
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Der britische Gitarrist und Sänger Miller Anderson (Mitte) spielt mit seiner Band in der Festhalle Dudenhofen. © Martin Vögele

Das Wichtigste in Kürze

  • Der legendäre Gitarrist Miller Anderson begeisterte in der Festhalle Dudenhofen.
  • Er spielte Blues- und Rockklassiker mit seiner exzellenten Band und feierte seinen 80. Geburtstag.
  • Die Tournee soll seine letzte sein; mitreißende Songs wie „Celtic Moon“ und „Pictured Within“ erklangen.

Dudenhofen. Über 60 Jahre Blues- und Rockgeschichte hat der bärtige Mann mit der Schiebermütze, der auf einem unauffälligen Stuhl auf der Bühne der Dudenhofener Festhalle Platz nimmt, mit seiner Stimme, seiner Saitenkunst und seinen Songs mitgeprägt. Ein früher, markanter Eintrag in der Vita des Miller Anderson verweist auf ein in seiner historischen Tragweite nicht eben unbedeutend gebliebenes Festival: Woodstock, wo Anderson 1969 als Sänger und Gitarrist der britischen Keef Hartley Band um den namensgebenden Schlagzeuger auftrat. 24 Jahre war er damals alt.

Teil von T. Rex und der Spencer Davis Group

Wer sich mit der Biographie des 1945 in Schottland geborenen Musikers beschäftigt, findet verblüffend viele illustre Episoden und Kollaborationen: So war Anderson Mitte der Siebziger als zweiter Gitarrist und Backgroundsänger Mitglied der Glam-Rock-Ikonen T. Rex. Er tourte im Vorprogramm von Uriah Heep, Donovan, Yes und Wishbone Ash, spielte bei der Spencer Davis Group und zusammen mit Deep-Purple-Organist Jon Lord oder Rocksänger Roger Chapman. 2012 schloss er sich der Hamburg Blues Band an.

Vor wenigen Tagen hat Anderson seinen 80. Geburtstag gefeiert, und bald wolle er, wie man liest, ein Karriere-Kapitel schließen: Die aktuelle „Woodstock 55th Anniversary“-Tournee soll seine letzte sein, anschließend wolle er nur noch für Festivalauftritte aus England anreisen. Damit dürfte der - auf Einladung des Kulturvereins Dudenhofen erfolgte - Auftritt in der ordentlich gefüllten Festhalle eine von nicht mehr allzu vielen Gelegenheiten sein, noch einmal ein vollumfängliches Konzert des Blues-Rock-Granden mit seiner Miller Anderson Band zu erleben.

Zeitlos erscheint indessen Andersons Fingerfertigkeit, seine Eloquenz an der Gitarre, die Ausdrucksfülle seines Spiels, das sich in wunderbar wehklagenden Bottleneck-Slides ebenso kraftvoll manifestiert wie in stiebenden Rock- oder den nachgerade psychedelischen Wah-Wah-Sound-Sequenzen. Das gilt gleichermaßen für seine Stimme, die den Blues mit all seinem Gram und der Erdenschwere genauso plastisch ausformt, wie die feiner, weicher gezeichneten Nuancen des Folk – was etwa in der wunderbaren Ballade „Wild Mountain Thyme“ als Zugabe zu hören ist.

Ein musikalisches Ensemble der Extraklasse

Dabei kann Anderson auf exzellente Begleitung bauen: Am Bass agiert Willy Wagner, wahrlich selbst kein Unbekannter, der nicht zuletzt in der Rio Reiser Band spielte. Keyboarder Frank Tischer und Schlagzeuger Tommy Fischer eröffnen eingangs - unter dem Duo-Namen Sound on Purpose – mit einem zwischen Progressive Rock, Jazz und Groove-Pop changierenden Vorprogramm, das fließend in den Auftritt mit Anderson übergeht. Gestartet wird jener mit „Sinnin‘ For You“, ein kerniges Stück, das die Zeit mit der Keef Hartley Band beschwört.

„Leavin‘ Trunk“ erweist dem Blues-Pionier Sleepy John Estes die Ehre, und die Anderson-Komposition „Celtic Moon“ verbindet Rock-Verve mit Piano-Boogie-Drive. Eine Seelenvoll-poppige Ballade ist dagegen „Pictured Within“, das Anderson einst mit Jon Lord aufgenommen hatte - als Titelstück für dessen gleichnamiges 1998er-Soloalbum. Das süffig-orgelschwere und einmal mehr improvisationsstark ausgestaltete „Think It Over“ nach B. B. King bildet schließlich den regulären Abschluss dieser Blues-Rock-Glanzstunde.

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