Mit dem Unesco-Titel „City of Music“ hat Mannheim einen Titel erhalten, dem man immer aufs Neue gerecht werden muss. Zahlreiche Musikveranstaltungen tragen dem Rechnung und ein weiteres Jazz-Festival ist daher nicht zu viel – im Gegenteil. In den Musensaal im Rosengarten hat Kurator Thomas Siffling nach Curtis Stigers auch den Saxofonisten Bill Evans mit den „Spy Killers“ eingeladen und serviert der Jazz-Gemeinde damit einen wahren musikalischen Hochgenuss.
Dass Evans mit fast allen Jazz-Größen unserer Zeit die Bühne teilte, ist in dieser Musik nicht außergewöhnlich. Doch das Quartett, bestehend aus so renommierten Instrumentalisten wie Schlagzeuger Wolfgang Haffner und Bassist Claus Fischer von der TV-Total-Band The Heavytones sowie dem erst 25-jährigen Ausnahme-Organisten Simon Oslender, steht für die attraktive Kombination von Routiniertheit mit jugendlicher Kreativität. Mit einem Programm, das aus noch unveröffentlichten Kompositionen („Number Five“) von Evans sowie aus Stücken der Produktionen „Spykillers“ und „The Other Side of Something“, aber auch einer Komposition von Eddie Harris besteht, beweisen die vier ihre beachtliche stilistische Bandbreite, die von Rock, Funk und einigen sehr filigranen Kompositionen bis zur Soulmusik reicht.
Meister der Tempi und Metren
Wenn es zwei herausragende kompositorische Elemente in ihrer Musik gibt, so sind es die gleichermaßen abrupten wie kompromisslosen Wechsel in den Metren und den Geschwindigkeiten innerhalb derselben Komposition. Ein hohes Maß an rhythmischer Präzision ist hier ebenso Voraussetzung wie ein einheitliches musikalisches Empfinden.
Besonders Haffner lenkt hier seine Kollegen mit sicherer Hand und lässt die verzwickten Brüche so kinderleicht erscheinen. Neben den herausragenden Soli von Evans auf den Saxofonen muss hier die für seine Jugend erstaunliche Abgebrühtheit im Aufbau der Orgel-Improvisationen von Simon Oslender erwähnt werden. Extrem sparsam, ja fast geizig, beginnt der junge Aachener seine Solopassagen mit ein paar wenigen Noten, um sie im hervorragenden Zusammenspiel mit Haffner und Fischer nicht selten zu einem furiosen Tasten-Thriller auszubauen.
Wolfgang Haffner, bekannt durch sein groovig sattes Begleitspiel, begnügt sich am Abend mit nur zwei Soloparts. Auch wenn Fischer ebenso routiniert begleitet, klingt der Sound in seinen geslapten Bassimprovisationen etwas rumpelig und undefiniert. Hier hätte die Klangtechnik eine schärfere Trennung zum leicht wummernden Sound der Basstrommel vornehmen können. Evans selbst begnügt sich nicht mit der Rolle als herausragender Saxofonist und Komponist der meisten Stücke. Der Mann aus Illinois greift etwa bei „Ode to the Working Man“ auch zum Gesangsmikrofon oder setzt sich kurzerhand an den Flügel, um recht passabel seine drei Kollegen harmonisch zu unterstützen.
Mit dem begeisternden Konzert der „Spy Killers“ und der anschließenden Trio-Jamsession im Club „Ella & Louis“ schließt ein kurzes, aber absolut feines Festival seine Tore. Im nächsten Jahr darf man sich auf eine Neuauflage freuen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/kultur_artikel,-kultur-bill-evans-und-die-spy-killers-begeistern-mit-mitreissenden-klaengen-_arid,2103688.html