Verbrechen Schaut endlich hin!

Stefanie Ball sieht Institutionen und Organisationen in der Pflicht, sich Schutzkonzepte zuzulegen, um die Räume für sexualisierte Gewalt an Kindern zu verkleinern

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Stefanie Ball
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Die Zahl der registrierten Fälle des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil von Kindern, so die offizielle Bezeichnung des Bundeskriminalamtes, lag im vergangenen Jahr bei mehr als 16 000. Jede Tat ist ein Verbrechen, das die Betroffenen nicht mehr loslassen wird, manche zerbrechen daran. Und wie immer bei registrierten Fällen gibt es die unregistrierten, das Dunkelfeld.

Viele Taten werden verschwiegen. Warum? Weil sie in einem familiären Umfeld stattfinden. Also ein Tabu innerhalb des Tabus, das zu brechen fast unmöglich erscheint. Doch selbst in Konstellationen, die nicht so nah sind, in der Schule, beim Sportverein, in der Kirchengemeinde, der Arztpraxis werden Übergriffe verschwiegen, wird weggesehen. Dass sich jemand an Kindern vergeht, ist so monströs, man will es nicht wahrhaben.

Verbrechen

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Die Betroffenen sind ohnehin sprachlos, sie stehen häufig in großer Abhängigkeit zum Täter und werden von diesem manipuliert. Der verspricht ihnen die Stürmerposition, ein extra Training oder droht, „es“ allen zu verraten. Auch in der virtuellen Welt findet Missbrauch statt, Cyber-grooming nennt sich das, wenn sich Täter in Chaträumen an Kinder und Jugendliche heranpirschen, um sie dann online oder offline zu missbrauchen.

Weil sich Kinder nicht allein schützen können, müssen es die Erwachsenen tun. Einrichtungen und Organisationen brauchen institutionelle Schutzkonzepte, die die Risiken für sexuelle Gewalt in ihrem Einflussbereich verringern können. Dafür müssen die Risiken analysiert, Strukturen verändert, Mitarbeiter sowie Ehrenamtliche geschult, ein Beschwerdeverfahren eingerichtet werden. Es geht um Strukturen, es geht aber vor allem um eine (neue) Haltung und Kultur, die Tätern keinen Raum für Missbrauch gibt.

Der Pfadfinderbund Nordbaden entdeckt wie viele andere Organisationen dunkle Kapitel in seiner Vergangenheit. Aber er hat sich entschieden, Verantwortung zu übernehmen und dafür Sorge zu tragen, dass sich das nicht wiederholt.

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