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Warten, warten, warten

Lieferzeiten von Neuwagen werden immer länger. Dafür gibt es viele Gründe, Kunden haben aber kaum Chancen die Wartezeit zu verkürzen

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tmn
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Lange Lieferzeiten bei manchen Modellen können die Geduld von Autokäuferinnen und Autokäufern ganz schön auf die Probe stellen. © Hauke-Christian Dittrich/dpa-tmn

Stuttgart/München. Ein halbes Jahr, manchmal sogar ein Jahr oder zwei Jahre warten: Lieferzeiten bei Neufahrzeugen sind derzeit kaum abzuschätzen und werden gefühlt immer länger. Wer einen Neuwagen oder gar ein E-Auto beim Händler bestellt hat, muss vor allem eins: sich gedulden.

Probleme bei der Lieferung – was sind die Ursachen?

Ursachen dafür gibt es viele. Wichtige Teile für die Produktion fehlen, daher können die Autos nicht fertig gebaut werden. In manchen Werken kommt es zum Produktionsstopp. Lieferketten der Autoindustrie sind nicht nur wegen der Pandemie und daraus entstandenen Hafenschließungen nachhaltig gestört. Als Hauptgründe für die langen Lieferzeiten nennt Professor Stefan Bratzel neben dem Krieg in der Ukraine auch die anhaltende Chipkrise in Taiwan. Der Direktor des Center of Automotive Management erklärt: „Die Chipkrise bleibt nach wie vor angespannt. Zu der generellen Knappheit gibt es durch zunehmende Vernetzung und deutlich mehr Elektrofahrzeuge einen deutlich höheren Bedarf.“ Die Nachfrage nach E-Fahrzeugen kam für viele Hersteller schneller als gedacht.

Hinzu kommt: Manche Hersteller bevorzugen laut Bratzel höherpreisige Fahrzeuge bei der Produktion, mit denen sie höhere Margen erzielen können. „Das hat zur Folge, dass Kunden auf preiswertere Autos oder bestimmte Konfigurationen lange warten müssen“, sagt Bratzel.

Welche Rechte haben Kunden bei Lieferverzögerungen?

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Klaus T. Mende
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Felix Flosbach, Jurist bei der Verbraucherzentrale NRW, sieht keine Möglichkeiten, die Lieferzeiten von bestellten Neuwagen zu beschleunigen. „Bei einem bereits geschlossenen Kaufvertrag wird meist eine unverbindliche Lieferzeit vereinbart, in seltenen Fällen einen verbindliche“, sagt der Syndikusrechtsanwalt. Der Unterschied: Bei einem verbindlichen Termin legt sich der Händler auf einen festvereinbarten Zeitpunkt fest, bei einer unverbindlichen undatierten Lieferzeit auf einen groben Zeitraum.

Einen gewissen Handlungsspielraum haben Verbraucher dennoch: „Kann der Händler aber auch in dem vereinbarten Zeitraum nicht liefern, kommt er in Verzug und der Kunde kann nach dem Zeitraum dagegen juristisch vorgehen“, erklärt Flosbach. Dafür sollten Kunden ihre Rechte und die Fristen kennen.

Steht im Kaufvertrag etwa als unverbindlicher Liefertermin März 2023, kann sich der Kunde erst nach sechs Wochen an den Händler wenden, also Mitte Mai den Lieferverzug feststellen, und dann dem Händler eine Frist von zwei Wochen setzen – am besten per Einschreiben. In dieser Zeit muss der Händler liefern. Lässt er die Frist verstreichen, kann der Kunden je nach Umständen mögliche Schadenersatzansprüche stellen oder vom Kauf zurücktreten. „Der Rücktritt vom Kauf nutzt dem Kunden wenig, der auf das Auto angewiesen ist. Ratsamer ist es daher, den Händler zu fragen, ob ein anderes Fahrzeug früher verfügbar ist“, sagt Flosbach.

Was können Autokäufer tun, die auf eine Neubestellung warten?

Geduldig sein. Flosbach empfiehlt Kunden zudem, Händler explizit nach einer realistischen Lieferzeit zu fragen – unter Berücksichtigung der angespannten Lieferkette durch den Chipmangel, die Corona-Krise und den Ukraine-Krieg. Je spezifischer die Wünsche bei einem Modell zur Motorisierung, Farbe oder Ausstattung sind, desto länger kann es dauern. „Schneller geht es, wenn Interessenten zu vorproduzierten Fahrzeugen greifen oder bei der Ausstattung Abstriche machen“, so Bratzel.

Zudem gilt für Autokäufer, vorausschauend zu planen. „Wenn möglich, sollten Autofahrer ihr bisheriges Fahrzeug nicht vor der Auslieferung des neuen Autos verkaufen“, rät Christian Janeczek, Fachanwalt für Verkehrsrecht. Denn Lieferzeiten bleiben vorerst unberechenbar. tmn

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