Die SPD hat 3,0 Prozent-Punkte verloren (jetzt noch 18,40 Prozent), Bündnis 90/Grüne haben 0,5 verloren (jetzt 18,39 Prozent), und die Linke hat 1,9 verloren (jetzt noch 12,20 Prozent). In der Summe hat die alte Koalition im Ergebnis der Nachwahl vom 12.02.2023 immer noch eine deutliche Mehrheit der Sitze: SPD 34, Bündnis 90/Grüne 34 und die Linke 22 Sitze – in der Summe also 90 Sitze. Die Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus hat man bereits mit 80 Stimmen. Die alte Koalition hätte damit bei einer Neuauflage immer noch eine komfortable Mehrheit von elf Abgeordneten.
Man darf auch nicht vergessen, dass immerhin 33 verschiedene Parteien zur Berlinwahl angetreten waren. Die Splitterparteien wie Graue Panther, FDP und Team Todenhöfer sind an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und fallen nicht ins Gewicht.
Die CDU hat deutlich hinzugewonnen: 10,6 Prozent-Punkte auf insgesamt 28,23 Prozent. Heißt das auch, dass die CDU die Wahl gewonnen habe, wie der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz und andere in seiner Partei behaupten? Nein, das heißt es eben nicht! Sie hat lediglich ihr Ergebnis von 2021 verbessern können.
Es ist eben anders als im Sport
Alle Politiker in demokratischen Ländern sollten wissen, dass nach unserem Grundgesetz und nach den Verfassungen aller Staaten andere Regeln gelten als im Sport. Egal, welche Sportart wir betrachten, ob Schwimmdisziplinen, Wettläufe, Weitsprung, Skirennen: Die Goldmedaille bekommt immer derjenige, der am schnellsten war. Er hat gewonnen, egal, wie viele Teilnehmer mit dabei waren und egal, wie groß der Abstand zum Zweitplatzierten war.
Das ist nach freien Wahlen anders: Gewonnen im Sinne einer Regierungsbildung haben die Parteien, die sich nach Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen zu einer Mehrheit der Abgeordnetensitze zusammenfinden und den Regierungschef wählen.
Wenn die CDU-Vorderen mit diesen einfachen demokratischen Regeln Probleme haben, dann sollten sie in ihren Lieblingssportarten antreten und nicht in der Politik. Einen Koalitionspartner werden sie in Berlin nicht finden, weil die bisherige Dreierkoalition vor der Nachwahl versprochen hatte, weiterzumachen, wenn sie eine Mehrheit bekommt.
Weil die SPD mit nur 105 Stimmen vor den Bündnisgrünen liegt, kann Franziska Giffey Regierende Bürgermeisterin bleiben. Da soll noch einer sagen, es käme nicht auf jede einzelne Stimme an.
Wolfgang Hechler
Lautertal
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