Mannheim. Geschichten über die Entstehung der US-amerikanischen Gesangstradition des Barbershop gibt es einige. Susanne Christensen, Ensemblemitglied bei Rainer’s Finest, beheimatet in Limburgerhof, rund 7000 Kilometer von der mutmaßlichen Wiege dieser Musik entfernt, erzählt die folgende, „weit verbreitete Mär“:
Es war vor mehr als 100 Jahren, im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten herrschte hohe Arbeitslosigkeit. Zwar gab es damals die sogenannten Vaudeville-Shows, in denen Schlager zu Tanz und Akrobatik präsentiert wurden, aber freilich noch kein Radio. Die Männer trafen sich beim „Barber“, in den Barbiersalons also, wo sie sich die reichlich vorhandene Zeit mit vierstimmigen Gesängen vertrieben: „Dann fängt einer an, eine Melodie zu singen, und irgendeiner macht die Basslinie dazu, dann kommt der Tenor oben drüber und der Bariton füllt alles auf“, so Christensen.
Vier Stimmen im A-cappella-Ensemble Rainer's Finest
Die Männer sangen über ihren Alltag, ihr Heimweh, die Liebe und ihr Leben und legten damit den Grundstein für eine A-capella-Form, die bis heute lebendig geblieben ist - und mit Rainer’s Finest seit Ensemblegründung im Jahre 2019 auch im rheinland-pfälzischen Limburgerhof ein künstlerisches Zuhause gefunden hat. Susanne Christensen singt in diesem Quartett die Leadstimme, ihr Ehemann Rainer Hartwig den Bass, Helena Pfaff-Vanecek die Tenor- und Susanne Weber die Baritonstimme.
Das Chorfestival
- Das 1. Chorfestival Rhein-Neckar (CFRN) wird vom „Mannheimer Morgen“ in Kooperation mit der Buga 23 und unterstützt vom Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar veranstaltet. Es findet am 23./24. September in der Baumhainhalle, Luisenpark, statt.
- Der Wettbewerb richtet sich an nicht-professionelle Chöre jeder Art aus der Metropolregion Rhein-Neckar. Die Bewerbungphase ist abgeschlossen.
- Die Wertungen sind: Gemischte Chöre, Frauenchöre, Männerchöre, Jugendchöre, Pop- und Jazzchöre sowie Gesangsensembles.
- Vorgetragen werden drei Stücke mit insgesamt maximal 15 Minuten. Eines der Werke muss einen Bezug zum Thema Natur haben.
- Die Fachjury wird von Dirigent Tristan Meister geleitet. In jeder Kategorie werden gestaffelte Preise bis zur Höhe von 600 Euro (1. Preis) vergeben.
- Der Eintritt ist für Gäste der Buga kostenlos.
- Alle Infos zum Chorfestival unter mannheimer-morgen.de/cfrn
Die Gruppe nimmt am 1. Chorfestival Rhein-Neckar teil, das diese Zeitung gemeinsam mit der Mannheimer Bundesgartenschau am 23. und 24. September in der Baumhainhalle des Luisenparks veranstaltet. Dort kann man dann mit eigenen Ohren erfahren, wie die (in musiktheoretischer Sicht vornehmlich homophone) A-cappella-Musik des Barbershop in der Praxis klingt.
Rainer's Finest hat an Barbershop-Meisterschaft teilgenommen
„Stell dir mal die Comedian Harmonists vor“ - so würden viele diesen Stil beschreiben, die zum ersten Mal ein entsprechendes Konzert besuchen, erläutert Susanne Christensen. Aber natürlich ist Barbershop eine besondere Gesangsform, mit ganz eigenen Charakteristiken und eigenem Regelwerk. Die „Barbershopper“, wie die Sängerinnen und Sänger genannt werden, gehen viel auf Conventions und Wettbewerbe, erklärt Christensen, „die Wettbewerbswelt ist eine ganz starke“. Und kaum trifft man sich dort, „hört man es irgendwo schon singen“. Im vergangenen Mai hatten Rainer’s Finest selbst an der deutschen Barbershop-Meisterschaft in Dortmund teilgenommen.
Im beruflichen Leben ist die 58-jährige Christensen Rechtsanwältin, ihr Mann, 62, ist Bankkaufmann, Weber (60) Physiotherapeutin und Pfaff-Vanecek (52) Architektin. Sie alle leben in Limburgerhof, hatten als Kinder schon Instrumentalunterricht und sind seit vielen Jahren als Hobbymusikerinnen und -musiker in Chören und Ensembles aktiv. Pfaff-Vanecek singt seit Jahrzehnten im Ludwigshafener Beethovenchor und ist dort Stimmführerin, Hartwig, der auch eine Dirigierausbildung für Blasorchester durchlaufen hat, leitete lange Orchester in Meckenheim und Deidesheim.
Schon um die Jahrtausendwende hatte Hartwig begonnen, sich mit Barbershop zu beschäftigen. „Das kam über meine Familie, weil wir früher mit einem amerikanischen Ehepaar befreundet waren“, berichtet er. Besagtes Ehepaar bekam einmal Besuch von einem Familienangehörigen, der fragte, ob man zusammen singen wolle. Er selbst trug etwas vor - und infizierte Hartwig dabei mit der Barbershop-Leidenschaft.
Repertoire von Rainer's Finest Swing der 30er und 40er
Kernmaterial des Rainer’s-Finest-Repertoires sind Swingstücke der 30er und 40er Jahre, von Autoren wie Irving Berlin, daneben auch Klassiker wie „Dream A Little Dream Of Me“, „Besame Mucho“ oder „Georgia On My Mind“: „Wir gucken, dass wir im Sinne der Vielfalt nicht nur Barbershop machen“, um dem Publikum bei Konzerten mehr Abwechslung zu bieten, erklärt Hartwig. Auch andere Stilarten wie Bebop oder deutsche Stücke, beispielsweise auch von den Comedian Harmonists, finden sich mithin im Programm. Hartwig schreibt die entsprechenden Arrangements dann für vier Stimmen um.
Auf der Bühne selbst, wo sich zur Musikalität auch die hohe Kunst der kurzweiligen Darbietung gesellt, werden indes keine Notenblätter genutzt. Zum Singen gehöre eben auch die Unterhaltung, sagt Christensen. „Wir haben einen Haufen Spaß“ und auch für das Publikum gilt: „Man muss auch lachen dürfen“. Zunehmend nutzen die Vier - deren Maskottchen ein Gockel ist - auch verschiedene Accessoires für ihre Auftritte. „Wir empfinden das Quartettsingen als das intensivste“, meint Hartwig, „weil es so schön ist, für sich selber, für die Stimme verantwortlich zu sein und das einfach nur zu viert zur Aufführung zu bringen.“
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