Straßen-Kunst

Bei der Graffiti-Tour Frankfurts versteckte Leinwände entdeckt

BAnane-Mitarbeiter Frederik hat die Mainmetropole bei einer Graffiti-Tour von einer anderen Seite kennengelernt.

Von 
Frederik Koch
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Der Frankfurter Streetart-Guide Fuego sprayt ein Graffito. © Frederik Koch

Zwischen den grauen Fassaden Frankfurts, entlang unscheinbarer Straßen und industrieller Hinterhöfe, eröffnet sich eine Welt voller Farbe, Geschichten und urbaner Kreativität – eine Welt, die viele Passanten einfach übersehen.

Wer jedoch mit dem Streetart-Guide Fuego auf Graffititour geht, entdeckt die Stadt von einer ganz neuen Seite. Gestartet wurde die Tour im Artelier Frankfurt, einem Ort, der zugleich Galerie, Arbeitsraum und Treffpunkt für lokale Künstlerinnen und Künstler ist. Hier haben viele ein Studio, darunter auch Fuego selbst, der zusätzlich das „Studio Fatal“ betreibt – ein Raum, in dem Kreativität, Austausch und urbane Kunst zusammenkommen.

Schon wenige Minuten nach Beginn der Tour wird klar, dass Graffiti weit mehr ist als bloße Schmiererei. Fuego führt die Gruppe zu den markantesten Stellen der Stadt und erklärt geduldig die Hintergründe der Werke. Besonders die Arbeiten von Peng, einem der bekanntesten Streetart-Künstler Frankfurts, stehen im Fokus.

Seine Motive sind an zahlreichen Wänden zu sehen, und Fuego zeigt sie entlang der Route, erklärt Techniken, Symbolik und die Geschichten dahinter. Viele dieser Werke befinden sich in Industriegebieten, auf Wänden, die bewusst als Leinwand ausgewählt wurden. Dabei betont er eine wichtige Regel der Szene: Übermalen ist nur erlaubt, wenn man es besser kann.

Warum Graffiti weit mehr als bunte Farbe ist

Ein besonders interessanter Teil der Tour ist auch die Einführung in das sogenannte „Writing“. Fuego erklärt, dass „Writing“ die Grundlage der Graffiti-Kultur ist – der Fokus liegt hier auf Schriftzügen, Tags und Signaturen, die oft die Identität des Künstlers repräsentieren. Er zeigt Beispiele, wie Buchstaben gestylt werden, wie Linienführung, Perspektive und Schattierungen den Schriftzug lebendig machen und wie aus einem simplen Namen ein kleines Kunstwerk entstehen kann. Durch diese Einblicke versteht die Gruppe schnell, warum Graffiti weit mehr als bunte Farbe ist – es ist Ausdruck von Persönlichkeit, Kreativität und urbaner Kultur.

Doch Fuego beschränkt sich nicht nur aufs Erzählen: Er demonstriert selbst, wie man sprüht, und lässt die Teilnehmer eigene Versuche starten. Unter seiner Anleitung entstehen die ersten eigenen Striche, kleine Tags – eine Signatur, ein Pseudonym oder ein Symbol eines Künstlers schnell auf eine öffentliche Oberfläche zu schreiben, um seine Präsenz zu markieren – und Farbverläufe. Diese praktische Erfahrung macht deutlich, dass Graffiti Handwerk, Experiment und Ausdruck zugleich ist.

Am Ende der Tour bleibt ein veränderter Blick auf die Stadt

Die Tour geht weiter durch verschiedene Industriegebiete, wo viele Kunstwerke bewusst platziert wurden. Fuego erläutert, wie die Umgebung in die Kunst einbezogen wird, wie Kontraste zwischen rauem Beton und leuchtenden Farben entstehen und wie Künstlerinnen und Künstler den urbanen Raum kommentieren. Dabei erzählt er auch von der Geschichte der Frankfurter Szene: von den ersten Writerinnen und Writern in den 1980er-Jahren, welche die aus New York inspirierte Hip-Hop-Kultur nach Deutschland brachten, bis hin zu der heutigen, vielfältigen Szene, in der legale und illegale Werke nebeneinander existieren.

Am Ende der Tour bleibt ein veränderter Blick auf die Stadt. Überall lassen sich nun Spuren von Fuego, Peng und anderen Künstlern entdecken – an Hauswänden, Hinterhöfen und Industrieflächen. Frederik Koch

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