Auszeichnung

Große Freude bei Familie Tekkal über den Karl-Kübel-Preis

Die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal wurde gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern für ihr herausragendes gesellschaftsrelevantes Engagement gewürdigt

Von 
Jörg Keller
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Der Karl-Kübel-Preis ging in diesem Jahr an die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal (2.v.l.) und ihre Familie. Überreicht wurde der Preis vom Stiftungsratsvorsitzenden Matthias Wilkes (r.). © Thomas Neu

Bergstraße. Zum 25. Mal wurde am Freitag (12.9.) der Karl-Kübel-Preis verliehen. Unter den früheren Preisträgern befanden sich unter anderem verdiente und bekannte Persönlichkeiten wie Königin Silvia von Schweden, Musiker Peter Maffay und im letzten Jahr der frühere Fußball-Nationalspieler Philipp Lahm. Dennoch bewertete Matthias Wilkes, Stiftungsratsvorsitzender der in Bensheim ansässigen Karl-Kübel-Stiftung, die diesjährige Verleihung als „Krönung unserer 25-jährigen Preisgeschichte“.

Ausgezeichnet mit der mit 25.000 Euro dotierten Ehrung wurde die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal und ihre Familie. Gleich sieben Personen standen unter dem anhaltenden Applaus des Publikums auf der Bühne im Bensheimer Musiktheater Rex. Neben der Autorin und früheren Journalistin Düzen Tekkal unter anderem auch ihre Schwester, die frühere deutsche Fußball-Nationalspielerin Tugba Tekkal, und die Eltern Fatma und Seyhmus Tekkal.

Diese waren in den 1970er Jahren als Angehörige der in ihrer Heimat verfolgten jesidischen Glaubensgemeinschaft nach Deutschland geflohen. Insgesamt elf Kinder kamen zur Welt, sieben Mädchen und vier Jungen. Die Eltern ermutigten ihre Kinder, Chancen zu ergreifen und vermittelten und lebten ihnen wichtige Werte vor.

Unabhängig von Herkunft oder Religion willkommen

Für Düzen Tekkal und ihre Geschwister war es beispielsweise völlig normal, dass jeder – unabhängig von Herkunft oder Religion – im Hause Tekkal willkommen war und bei Bedarf Unterstützung erhielt. Familie prägt soziales Verhalten und Werte, bis hin zu gelebter Demokratie.

„Familie Tekkal zeigt eindrücklich, wie prägend und wie wichtig Familie ist. Hier werden Grundlagen im Umgang miteinander gelegt und es werden Haltungen und Werte wie Menschlichkeit, Toleranz und Verantwortung vermittelt“, sagte Matthias Wilkes. Er hob das gemeinsame Engagement der Stiftung und der Preisträgerfamilie für Chancengerechtigkeit und demokratische Wertebildung hervor. Mit der Preisverleihung an Familie Tekkal setze die Stiftung ein klares Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das sei angesichts der aktuellen gesellschaftspolitischen Lage wichtiger denn je.

Gemeinsam mit ihren Schwestern Tezcan, Tuna, Tugba und Tülin setzt sich Düzen Tekkal seit Jahren mit ihrem Verein HÁWAR.help und weiteren Initiativen für Chancengerechtigkeit, demokratische Werte und Frauenrechte ein. Sie unterstützen Mädchen und junge Frauen in Deutschland, im Iran und Irak dabei, ihre Stärken zu entfalten und ihre Lebensträume zu verfolgen. Mit ihrer Bildungsinitiative German Dream machen sich die Preisträgerinnen zudem deutschlandweit mit Wertedialogen für eine Gesellschaft stark, in der alle mitgenommen werden. Zur Preisverleihung nach Bensheim gekommen war auch die hessische Sozialministerin Heike Hofmann (SPD). „Die Familie Tekkal hat uns inspiriert durch ihren Mut und ihren Sinn für Gerechtigkeit“, sagte sie in ihrem Grußwort. Und an die Eltern gerichtet: „Sie können stolz sein auf ihre Familie.“ Unter schwierigen Bedingungen habe diese in Deutschland ein neues Leben begonnen und aus den Erfahrungen etwas Gutes gemacht. Düzen Tekkal und ihre Schwestern hätten mit ihrer Arbeit vielen Menschen ihre Würde zurückgegeben, so Heike Hofmann.

Eindrucksvoll aufgezeigt wurde das Engagement der Familie in einem kurzen Filmbeitrag. Gezeigt wurde darin unter anderem das von Tugba Tekkal initiierte Projekt „Scoring Girls“, das Mädchen und jungen Frauen aus zugewanderten oder sozio-ökonomisch schlechter gestellten Familien kostenloses Fußballtraining und werteorientierte Bildung ermöglicht. „Es ist wichtig, Menschen zu finden, die mich bestärken, wie ich bin“, sagte Tugba Tekkal. „Ich war auf der Hauptschule. Mir wurde immer gesagt, dass aus mir nichts wird“, sieht sich die ehemalige Profifußballerin als bestes Beispiel, dass man vermeintlich vorgegebene Wege mit der richtigen Unterstützung verlassen kann. Heute schreibt sie eine Kolumne für die FAZ und kandidiert für den Posten als Vizepräsidentin des 1. FC Köln, wie Matthias Wilkes betonte.

Neben den Gratulanten vor Ort gab es auch Glückwünsche von Freunden und Prominenten per Videoeinspieler. So würdigten die Bundes-Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) und der frühere Bundes-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) die Verdienste der Familie Tekkal von der Leinwand aus.

Dass natürlich auch ihre Familie nicht perfekt sei, betonte Duzen Tekkal im Anschluss an die Preisverleihung bei einer Gesprächsrunde auf der Bühne. Nachdem man von der geplanten Ehrung erfahren habe, hätten sich die Geschwister zunächst gefragt: „Sind wir gut genug für diesen Preis.“ Denn natürlich gebe es auch bei den Tekkals Licht und Schatten. Die Frage, ob früher beim Mittagessen der Familie 13 Gedecke auf dem Tisch gestanden haben, verneinte Düzen Tekkal: „Da galt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Und weil das Thema Essen für sie bis heute eine so große Rolle spiele, habe sie sich natürlich über die gute Bewirtung am Abend zuvor beim Winzerfest gefreut. Dass sie die für Bensheim wichtigste Feierlichkeit des Jahres als liebevoll „Dorffest“ bezeichnete, sorgte im Publikum zwar für einige Schmunzler, wurde der sympathischen Preisträgerin jedoch sofort verziehen.

Musikalischer Beitrag mit drei „Weltwärts“-Teilnehmerinnen

Umrahmt wurde die Veranstaltung durch einen musikalischen Beitrag „Spirit of Brotherhood“, der die Deklaration der Menschenrechte thematisiert. Mit dabei waren auch drei Teilnehmerinnen des „Weltwärts“-Programms der Karl-Kübel-Stiftung. Die drei jungen Frauen aus Tansania, Indien und von den Philippinen, die derzeit in Südhessen zu Gast sind, lasen Texte zum Thema in ihrer Muttersprache vor.

In einer abschließenden Diskussionsrunde zum Thema „Halt und Zusammenhalt“ wurde erläutert, wie sich Haltung im Alltag ganz konkret zeigt und wie die Karl-Kübel-Stiftung Familien und Zusammenhalt fördert. Stiftungs-Vorstandsmitglied Margot Refle: „Die Karl-Kübel-Stiftung stärkt mit all ihren Angeboten im In- und im Ausland die Entwicklung von Haltung und Zusammenhalt, egal ob durch die Eltern-Kind-Treffpunkte Drop In(klusive), die Familienzentren, den Weltwärts-Freiwilligendienst oder die Bildungsangebote.“

Vollbesetzte Stuhlreihen bei der Preisverleihung im Musiktheater Rex in Bensheim. © Thomas Neu

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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