Weinheim. Ein 30-jähriger Weinheimer stand jüngst wegen Drogenhandels und unerlaubten Waffenbesitzes vor dem Amtsgericht Weinheim. Dem Mann wurde vorgeworfen, Drogen mit einem Wert von vielen Tausend Euro verkauft zu haben. Hauptsächlich handelte er mit Haschisch und Marihuana, mit dem er in den Jahren 2020 und 2021 in einer Menge von rund fünf Kilogramm hantierte.
Er dealte auch mit mehren Hundert Gramm Amphetamin sowie rund 60 Gramm Kokain. Außerdem wurde bei dem Weinheimer während einer Hausdurchsuchung eine Pistole gefunden.
Aus fast spießigem Hause
Abgesehen von dem offensichtlich durchtrainierten Körper wirkte der Kampfsportler wie ein ganz normaler Typ. Und in gewisser Weise war er das auch. Vor Gericht war der Weinheimer so aufgeregt, dass sein Anwalt für ihn das Sprechen übernahm.
Er beschrieb seinen Mandanten als einen Mann, der mitten im Leben steht. Mit einem guten Job, aus gutem, „fast spießigem“ Hause und im Begriff, seine eigene glückliche Kleinfamilie zu gründen. Er selbst soll nie Betäubungsmittel konsumiert haben. „Es war eine kurze Phase in dem Leben eines sonst anständigen Mannes“, fasste der Verteidiger es zusammen. Die „Phase“ waren die Jahre 2020 und 2021.
Große Drogenmengen verkauft
In dieser Zeit verkaufte der Ingenieur als Zwischenhändler größere Drogenmengen an Bekannte, die er beim Training kennengelernt hatte. Diese, so der Angeklagte, wussten um seine Beziehung zu einem größeren Händler und hätten ihn immer wieder nach einer Vermittlung gefragt. „Ich habe mich irgendwann breitschlagen lassen“, seufzte der 30-Jährige. Zum Zeitpunkt seiner Aussage sitzen die Besagten längst im Gefängnis. Einige aus dem Täterkreis um den Weinheimer hatte die Vorsitzende Richterin Eva Lösche selbst dort hingeschickt.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Der Angeklagte ist Kronzeuge im Sinne des Paragrafen 31 des Betäubungsmittelgesetzes. Dieser besagt, dass das Gericht eine Strafe mildern kann, wenn der Täter durch seine freiwillige Aussage wesentlich dazu beigetragen hat, ein im Zusammenhang stehendes Verbrechen aufzudecken. Und so wurde die Aussage des ermittelnden Polizisten, der einzige geladene Zeuge, zum starken Fürsprecher des 30-Jährigen.
Der Beamte gab an, dass die Ermittler dem Angeklagten über FBI-Daten auf die Schliche kamen. Der 30-Jährige wickelte seine Geschäfte über ein sogenanntes Krypto-Handy ab. Eigentlich sind diese abhörsicher, senden verschlüsselte Nachrichten und haben keine GPS-Ortung. Eigentlich: Denn im Fall des Weinheimers handelte es sich um ein Smartphone, das die amerikanischen Ermittler still und heimlich selbst in Umlauf gebracht hatten.
Heimlich mitgelesen
Mit der Operation „Trojanerschild“ gelang ein globaler Schlag gegen die Drogenszene. Dabei gründete das FBI ein Unternehmen namens „Anom“, mit dem es eine riesige Anzahl an Kryptohandys verkaufte. Die vermeintlich verschlüsselten Chats lasen sie heimlich mit – während sich die Verbrecher in Sicherheit wähnten. Auch der Weinheimer Angeklagte.
Er wollte keinen Fehler machen
„Am Tag seiner Festnahme war er vollumfänglich geständig“, erklärte der Polizist. Die Auflagen für die Befreiung aus der Untersuchungshaft habe der 30-Jährige erfüllt, sich täglich gemeldet, über jede Kleinigkeit rückversichert. „Er wollte auf Gedeih und Verderb keinen Fehler machen.“ Diese Kooperation rechnete ihm schließlich auch der Staatsanwalt an.
Es muss sich lohnen
Ein großer Teil der Taten hätten nur ihren Weg in die Anklage gefunden, weil der Weinheimer sie selbst gestanden habe. „Die Kronzeugenregelung gibt es nicht oft. Sie muss sich für den Angeklagten lohnen.“
Er plädierte für zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung. Dieser Forderung schloss sich der Anwalt an: „Er hat Menschen im Gefängnis verraten und wäre dort nicht gut aufgehoben.“ Das Urteil von Richterin Eva Lösche folgte dem Vorschlag von Staatsanwaltschaft und Strafverteidigung. Im ersten Moment klängen zwei Jahre auf Bewährung in Anbetracht der Drogenmengen wenig. „In diesem konkreten Fall sind sie jedoch die richtige Rechtsfolge.“
Und weiter: „Das will der Gesetzgeber so. Wenn jemand die Karten auf den Tisch legt, Aufklärungshilfe leistet, Mittäter sowie Kunden benennt, ist das in erheblichem Maße strafmildernd zu berücksichtigen.“ Die gute Sozialprognose des zuvor Nicht-Vorbestraften und die geregelten Verhältnisse begünstigten das Urteil ebenfalls.
Dennoch: „Dass jemand, der nicht süchtig ist, der sich nicht in Not befindet, sich in so erheblichem Maß strafbar macht – das finde ich befremdlich, das sage ich ganz offen“, so die Richterin. Mit Straftaten, egal welchen Umfangs, brauche er während seiner Bewährung nicht mehr zu kommen. „Da werde ich ganz genau ein Auge darauf haben.“ gab/ü