Geldanlage

Beben an den Weltbörsen treffen nicht alle Aktien der Region gleichermaßen

Die rosigen Zeiten für Merck scheinen erst einmal vorbei zu sein. Dentsply Sirona hingegen löst sich vom Zehnjahrestief.

Von 
Michael Roth
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Dunkle Wolken über dem Darmstädter Stammsitz des Pharma- und Chemiekonzerns Merck mit dem Pützerturm, dem Wahrzeichen des Unternehmens. © Arne Dedert/dpa

Bergstraße. Die Zentralbanken erhöhen so lange die Zinsen, bis in der Bankenbranche etwas passiert, lautet eine alte Börsenregel. Vor einigen Tagen war es wieder so weit. Die amerikanische Silicon Valley Bank geriet in größte Not und einige andere haben zu kämpfen. Nun steht nirgendwo geschrieben, dass jede Bank in jeder Notlage von Regierung, Einlagensicherung und Zentralbank gerettet werden muss.

Die Bank nicht, aber die Einlagen und die drohenden Folgen. Ein Flächenbrand muss unbedingt verhindert werden. Vielleicht lernen die Bankenaufseher daraus und reagieren mit schärferen Auflagen. Denn jede Bank mit riskanten Geschäften, die gerettet wird, hat zur Folge, dass sich andere an noch riskantere Geschäfte trauen, in dem Vertrauen, der Staat lässt sie nicht hängen.

Ein kleiner schwarzer Montag

An der Börse gab es nach dem Bankenbeben einen kleinen schwarzen Montag aber schon kurz darauf sorgten gute Inflationsdaten aus den USA für Beruhigung. Das Gröbste scheint überstanden, Nachbeben wie am Mittwoch dieser Woche aber nicht ausgeschlossen.

Im Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers zeigten sich die Spuren des Bebens ebenfalls. Das Depot Südhessen/Bergstraße verlor in den letzten vier Wochen sechs Prozent, das Depot Rhein-Neckar vier und das Depot Rhein-Main (mit Deutscher und Commerzbank) zehn Prozent an Wert.

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Doch nicht für alle börsennotierten Unternehmen aus der Region ging es dieser Tage bergab. Der Aktienkurs von Dentsply Sirona legte sogar in den letzten Tagen noch zu. Für den seit Jahresbeginn anhaltenden Aufschwung aus dem Tal eines Zehnjahrestiefs war es auch Zeit. Zuletzt dürften die die Maßnahmen des neuen Konzernchefs Simon Campion den Kurs getragen haben. Er hat nicht nur ein Sparprogramm (mit Stellenabbau) aufgelegt, sondern es werden auch Aktien für mehr als 150 Millionen Dollar zurückgekauft.

TE Connectivity baut Stellen ab

Aufwärts ging es seit Jahresbeginn auch mit der Aktie von TE Connectivity. Und in den letzten Tagen sogar gegen den Markttrend. Der Elektrotechnikkonzern profitiert weiterhin von der zunehmenden Zahl an E-Autos und von immer mehr Elektronik in Autos ganz allgemein. Gespart wird aber auch, ein Stellenabbau ist geplant. Gestern wurde der Börse mitgeteilt, dass 250 Millionen Euro für Abfindungen vom Vorstand genehmigt wurden.

Die Aktie des Darmstädter Merck-Konzerns kratzte vor einigen Wochen noch an der Marke von 200 Euro, jetzt geht es eher in Richtung 150 Euro. Peter Spengler von der DZ Bank hat gleich mehrere Erklärungsansätze: Der Ausblick auf das laufende Jahr sei „neblig“ ausgefallen. Insgesamt sei Merck ein Qualitätsunternehmen, das in den letzten Jahren aber stark von Covid sowie den Boomjahren bei Prozesstechnologie und Halbleitern profitiert habe. Diese positiven Trends gingen zu Ende.

BASF-Aktie auf Talfahrt

Die Aktien des Biotechunternehmens Brain legten in den letzten Monaten zu und halten sich in der Nähe der Marke von 7 Euro. Auf einem Kapitalmarkttag gab es kürzlich Lob und Kritik. Lob für die strategische Ausrichtung und Kritik dahingehend, dass Brain noch weitere Beweise erbringen müsse, dass die Strategie auch aufgehe.

Drei Regionen – drei Depots: Das Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers

  • Der Bergsträßer Anzeiger hat verschiedene regionale Aktiendepots zusammengestellt und berichtet in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung dieser (fiktiven) Geldanlagen.
  • Im Depot Bergstraße/Südhessen sind die Anteilsscheine des Dentaltechnikweltmarktführers Dentsply Sirona enthalten, ebenso die Papiere von TE Connectivity. Beide Konzerne sind an US-Börsen notiert. Für den besseren Vergleich werden Euro-Wechselkurse verwendet. Mit von der Partie sind die Anteilsscheine des Flurfördertechnikunternehmens Jungheinrich und des Zwingenberger Biotechunternehmens Brain. Nicht fehlen darf natürlich der Dax-Konzern Merck aus Darmstadt.
  • Im Depot Rhein-Neckar liegen Aktien des Softwarekonzerns SAP, des Mannheimer Energieversorgers MVV, von Südzucker, dem Schmierstoffkonzern Fuchs Petrolub sowie der BASF.
  • Das Depot Rhein-Main enthält Papiere der Deutschen Bank und der Commerzbank, sowie von Lufthansa und Fraport. Hinzu kommt der Bad Homburger Fresenius-Konzern. mir

Im Depot Rhein-Neckar geht die Talfahrt der BASF-Aktie weiter. Samuel Perry von der Schweizer Großbank UBS weist auf einen sich abschwächenden europäischen Markt für den Chemiekonzern hin, sowie eine strukturell höhere Kostenbasis sowie Kapazitätserweiterungen bei Konkurrenten. Dies alles untergrabe die führende Position von BASF. Er sehe Risiken, dass die Dividende selbst, wenn sie unverändert bleibe, in der Mitte des Zyklus’ nicht mehr gedeckt sein könnte. Und die Dividende war und ist immer ein gutes Argument für die BASF-Aktie.

Mit dem Aktienkurs des Softwarekonzerns SAP geht es wie schon in den letzten Monaten weiter aufwärts. Dieser Tage machte der Konzern ein gutes Geschäft beim Verkauf seiner Tochtergesellschaft Qualtrics. Der Verkaufserlös von mehr als 7 Milliarden Dollar könnte laut Andreas Wolf vom Analysehaus Warburg Research für Übernahmen oder eine Sonderdividende verwendet werden.

21. Dividendenerhöhung in Folge

Trotz sehr hoher Gewinne aus dem Strom-, Gas- und Fernwärmegeschäft gab der Aktienkurs des Energieversorgers MVV nach. Unsicher ist derzeit, wie hoch die staatlicherseits abzuschöpfenden Übergewinne sein werden.

Beim Schmierstoffkonzern Fuchs Petrolub gelang es höhere Kosten an die Kunden weiter zu geben. Und fast schon Tradition ist die Dividendenerhöhung, die 21. in Folge. Konzernchef Stefan Fuchs treiben andere Sorgen um. Er fürchtet um eine Deindustrialisierung Deutschlands angesichts des politisch geplanten Endes des Verbrennungsmotors. Das werde seiner Ansicht nach zu gleichgültig hingenommen.

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In den Frankfurter Bankentürmen hat sich nicht nur in den vergangenen Tagen einiges getan. Vor einer Woche lag der Aktienkurs der Commerzbank erstmals seit langer Zeit wieder über dem der Deutschen Bank. Und geht es nach Analysten, ist die „gelbe Bank“ mit ihrer Strategie besser gerüstet als die „Blauen“. Die Commerzbank profitiert stärker von höheren Leitzinsen. Das tut die Deutsche Bank zwar auch, doch sie leidet unter dem schwachen Umfeld im für sie wichtigen Investmentbanking, während die Commerzbank viel weniger Kapitalmarktgeschäft hat.

Konflikte mit den Gewerkschaften

Aufwärts könnte es mit der Lufthansa-Aktie gehen. Jarrod Castle von der UBS erwartet eine anhaltende Erholung des Luftverkehrs und der Profitabilität. 2025 rechnet er bei letzterer mit einem Höhepunkt, da das Verkehrsaufkommen das Vorkrisenniveau von 2019 übersteigen dürfte. Aber auch die andere Richtung ist denkbar. Alexander Irving von Bernstein Research glaubt, dass die Party nicht ewig weitergehen werde. Sobald sich in den Unternehmensführungen die Wahrnehmung eines dauerhaft günstigen Umfelds durchsetze, werde eine Flut geleaster Flugzeug-Kapazitäten die Renditen unter Druck setzen. Zudem hinke der Geschäftsreisebereich weiter hinterher. Die Lufthansa könne zwar mit einer Entschuldungsstory aufwarten, doch mache ihm der nicht ausgestandene Konflikt mit den Gewerkschaften, Herausforderungen im Zusammenhang mit Verkäufen und die mögliche Übernahme von Ita Sorgen.

Beobachter an der Seitenlinie

Auf den Fresenius-Konzern schaut so mancher Analyst von der Seitenlinie, um zu sehen, wo die weitere Reise hingeht. Analyst James Vane-Tempest vom Analysehaus Jefferies kann verstehen, dass die Anleger enttäuscht sind, dass eine Abspaltung oder ein Verkauf der Dialysetochter FMC kurzfristig unwahrscheinlich ist. Der von Fresenius eingeschlagene, längerfristige Weg biete aber auch Chancen. Nach Ansicht von Falko Friedrichs von der Deutschen Bank hat der Gesundheitskonzern nun das richtige Management an Bord, um das Steuer möglicherweise umzulegen. Allerdings halte er an der Einschätzung fest, dass eine Restrukturierung Jahre in Anspruch nehmen dürfte.

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