Buchausstellung

Kinderbuchausstellung: Bücher über Drachen und Fußball, KI und „Kacke“ in Lorsch

Wingertsbergschülerbücherei und Buchhandlung präsentierten eine große öffentliche Kinderbuchausstellung

Von 
Nina Schmelzing
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Kinderbücher für jede Lesestufe und für jeden Geschmack wurden in großer Zahl im Paul-Schnitzer-Saal präsentiert. Auch viele Eltern schauten sich dort gerne um. © Thomas Zelinger

Lorsch. Jedes Jahr schocken Bildungsstudien mit neuen Negativrekorden. Immer weniger Kinder können gut lesen, heißt eine der traurigen Nachrichten. Am fehlenden Lesestoff liegt das allerdings bestimmt nicht. Das zeigte gerade wieder die große Kinderbuchausstellung, die vom Team der Wingertsberg-Schülerbücherei gemeinsam mit der Lorscher Buchhandlung organisiert wurde.

Hunderte Titel lagen im Paul-Schnitzer-Saal aus. Ob Gruselstorys, Abenteuerromane, Pferdebücher oder Detektivgeschichten – das Angebot ist riesig. Jedes Jahr kommen in Deutschland Tausende Neuerscheinungen für Kinder auf den Markt. Ein Grund dafür, dass manche Kinder um Gedrucktes trotzdem einen Bogen machen, liegt nach Meinung von Experten darin, dass einige Eltern meinen, nur das Lesen von „guten Büchern“ mache Sinn.

Triezt man Erstleser mit vermeintlich pädagogisch wertvollen Büchern, braucht man sich aber nicht wundern, wenn sie abwinken. Lesebegeisterung wird erfolgreicher geweckt, wenn Kinder selbst aussuchen können, was sie interessiert – auch wenn Erwachsenen diese Auswahl nicht gefallen sollte.

So wie Schüler früher vielleicht Asterix-Bände verschlungen haben, obwohl ihre Eltern darüber die Nase rümpften, gibt es heutzutage Bücher, die mit ihrem hohen Bildanteil Comic-Heften ähneln – und für großes Vergnügen sorgen. Ein Paradebeispiel ist die Reihe „Gregs Tagebuch“, die vor allem bei Jungs hoch im Kurs steht. Auch bei der Lorscher Ausstellung gruppierten sich Schüler um die inzwischen fast 20 Bestseller-Bände – in denen Greg überaus witzig vom Stress mit seinen beiden Brüdern, seinen peinlichen Eltern und seinem Schulalltag erzählt – und tauschten begeistert Tipps zu den „coolsten“ Geschichten aus.

Möglicherweise würden Eltern auch nicht unbedingt Bücher an ihren Nachwuchs weitergeben, die einen Titel haben, der schlicht „Kacke“ heißt. Kinder aber finden das nicht zwingend unappetitlich, sondern offenbar sogar reizvoll. In der Ausstellung wurden jedenfalls gleich drei Bücher präsentiert, die sich jeweils sehr anschaulich mit dem Thema Verdauung beschäftigen – alle drei von renommierten Verlagen.

Großes Geschäft, stilles Örtchen

Eine „spannende Geschichte rund ums große Geschäft“ verspricht jedenfalls das „Kacke“-Kinderbuch im Prestel-Verlag. Im Klett-Verlag heißt ein ähnliches Werk „Die Kackwurstfabrik“, beworben für „kleine Klugscheißer“. In der beliebten Reihe „Was ist was“ ist ein Buch vornehmer tituliert mit „Die Toilette. Alles zum stillen Örtchen“. Informativ und lesenswert sind sie allesamt – auch für Erwachsene. Man erfährt zum Beispiel, warum man öfter aufs Klo muss, wenn man Angst hat oder wer das Klo mit Wasserspülung erfunden hat. Der Engländer John Harington war das, im späten 16. Jahrhundert. Seine Erfindung wird als „eine der bahnbrechendsten aller Zeiten“ gefeiert.

Was viele Erwachsene vielleicht eklig finden, zieht Kinder geradezu an: Sachbücher über Spinnen etwa. Was ihnen langweilig erscheint, Bücher über Fußballstars, über die man längst sogar alles weiß, was man überhaupt nicht wissen wollte, motiviert Zweitklässler möglicherweise, das Lesen zu üben. In der Reihe „Vom Talent zum Megastar“ des Ravensburger Verlags prangen zum Beispiel Ronaldo, Lewandowski, Messi und Kane auf dem Cover.

Im Sachbuch „Abenteuer Welterbe“ kann man auf Seite 65 auch einen Beitrag über Lorsch und das „Rätsel um eine Torhalle“ finden. Im „Großen Antwortbuch zur Geschichte“ erfährt man, wo die Kelten lebten, ob der Alte Fritz wirklich alt war und wo die Seidenstraße verlief, die Handelsroute zwischen China und Europa, über die auch heute wieder diskutiert wird.

Künstliche Intelligenz wird die heutigen Grundschüler lebenslang begleiten. Über Roboter und KI informierten daher auch Bücher in der Ausstellung. „Es ist nicht in Ordnung, Bilder zu manipulieren“, konnten sie da in einem der Bände lesen, daneben war das berühmt gewordene Fake-Foto vom Papst im weißen Daunenmantel abgebildet. Manches Buch will es laut Klappentext auch Erwachsenen ermöglichen, KI interaktiv zu erleben. Lustig zu lesen ist die Reihe „Professor D übernimmt die Kontrolle“ von Dan Ariely. Der Verhaltensökonom lässt seinen Helden David mit Roboterhund Dot zum Beispiel viele Argumente finden, wieso er keine Hausaufgaben machen kann. „Zählen gute Absichten nicht viel mehr als Ergebnisse?“, fragt der Grundschüler selbstbewusst seine Lehrerin. Sie ist allerdings auch nicht auf den Mund gefallen. Lesen eröffnet immer wieder neue Perspektiven.

Ideal auch für Wenig-Leser

Über Pferde und „Magische Tierfreunde“ kann man stapelweise schmökern. Ein Thema, das junge Leser derzeit fesselt, sind Drachen, berichtet Buchhändlerin Andrea Müller auf Nachfrage. Die „Dragon Girls“, 20-bändige Abenteuerreihe für Mädchen lagen daher, zum Teil auch mit Glitzersammelkarten, bei der Ausstellung aus. Der „dtv“-Verlag bewirbt die Drachen-Abenteuer als ideal auch für „Wenig-Leser“.

Die rund 600 Wingertsbergschüler konnten die Ausstellung während der Unterrichtszeit klassenweise gemeinsam besuchen, auch jeder interessierte Erwachsene hatte aber Zutritt. Viele Eltern und Großeltern nutzen die Chance, selbst in der riesigen Auswahl zu blättern. Ein Tisch mit Lernhilfen zeigte, dass sogar Rechtschreibübungen heute nicht mehr langweilig daherkommen. „100 lustige Diktate“ bieten zum Beispiel auch kleine Texte mit nur 35 Worten, ansprechend zusammengestellt.

„Gib die Liste an Oma“, empfahl eine Mutter ihrer Tochter, als sie einige der Verkaufspreise der Bücher gesehen hatte, die sich die Schülerin als neue Lieblingslektüre notiert hatte. Mancher Buchtitel wird also auf privaten Wunschzetteln zu Weihnachten landen oder auch an die Lorscher Bücherei in der Schulstraße geschickt werden mit der Bitte, den Band in das Ausleih-Sortiment aufzunehmen.

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Von
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Viele der spannenden Bücher wurden von Eltern aber auch gleich gekauft und mitgenommen. Von einem Teil des Erlöses der Ausstellung wird nun auch wieder die Schülerbücherei am Wingertsberg profitieren. Zu gewinnen gab es bei der Ausstellung Buch-Gutscheine, und zwar für die vier Schüler, die am besten schätzen konnten, wie viele Eicheln in einem Glas präsentiert wurden. Mehr als 673 Stück waren es, rund 300 Schüler beteiligten sich.

Die Wingertsbergschule hat auch eine attraktive Schülerbücherei. In jeder ersten Pause wird die Bibliothek geöffnet. Ein Team von über 20 ehrenamtlich tätigen Eltern kümmert sich um die Ausleihe und darum, dass die Grundschüler in den Lese-Ecken der Bücherei auch gemütlich schmökern können.

Trotz aller digitalen Medien seien die Bücher sehr gefragt, berichten Sarah Koob und Monika Ritschel auf Nachfrage. Das Angebot ist so groß, dass jeder junge Leser fündig werden kann und kein Kind in der Grundschulzeit alle Titel lesen könnte. Über 2500 Medien stehen in der Bücherei nämlich zur Verfügung, überwiegend sind es Bücher. Besonders gern werden derzeit „Minecraft“-Bücher und „Magisches Baumhaus“ ausgeliehen. sch

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