Lindenfels. Nach mehreren Monaten des Wartens, einer Hemmungsverfügung, die die Umsetzung des Haushalts blockierte, und einem verordneten Haushaltssicherungskonzept, gibt es nun gute Nachrichten im Finanzdrama der Stadt Lindenfels: Die Kommunalaufsicht des Kreises Bergstraße hat den Haushaltsplan 2025 genehmigt.
Die Lindenfelser Stadtverordnetenversammlung hatte die Haushaltssatzung 2025 mit Haushaltsplan und Investitionsprogramm am 13. Februar beschlossen. Am 17. März wurde die Haushaltssatzung der Kommunalaufsicht per E-Mail zur Genehmigung geschickt. „Im Prüfungsverfahren zeigte sich, dass hier wesentlicher Korrekturbedarf bestand und noch weitere Unterlagen notwendig waren“, schildert die Kommunalaufsicht in ihrem Schreiben an den Magistrat der Stadt Lindenfels. Ein Problem war unter anderem ein Kredit zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen in Höhe von 2,43 Millionen Euro, der im Haushaltsjahr 2025 aufgenommen werden sollte. Dieser Kredit führte nämlich zu einer sogenannten Überfinanzierung.
Da es erhebliche Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der vorgelegten Haushaltssatzung gab, wurde mit Verfügung vom 26. Mai die sogenannte Genehmigungsfiktion gehemmt. Von Genehmigungsfiktion spricht man, wenn eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer festgelegten Frist als erteilt gilt.
Kredit in Höhe von 2,43 Millionen Euro wurde gestrichen
Zur Erörterung der Problematik habe am 22. Juli ein Haushaltsgespräch stattgefunden, an dem auch Vertreter des Regierungspräsidiums Darmstadt als obere Aufsichtsbehörde anwesend waren. Auf Bitte der Stadt Lindenfels sei mit Datum vom 5. August eine Zwischenverfügung ergangen. Um den Haushalt doch noch zu genehmigen, habe es am 21. August ein weiteres digitales Meeting zusammen mit dem Regierungspräsidium gegeben. „Dabei verständigte man sich auf die Option eines Anpassungsbeschlusses zur Haushaltssatzung 2025. Die Anpassung bezieht sich vor allem auf den Verzicht einer Kreditaufnahme im Haushaltsjahr, um der bestehenden Überfinanzierung entgegenzuwirken, sowie den Beschluss eines Haushaltssicherungskonzepts“, erläutert die Kommunalaufsicht. Letzte Unstimmigkeiten seien im September geklärt worden.
Somit wird es nun also keine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen in Höhe von 2,43 Millionen Euro geben. Der Liquiditätskredit zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen in Höhe von einer Million Euro wurde von der Kommunalaufsicht aber genehmigt.
Das Haushaltssicherungskonzept musste angewendet werden, weil der Finanzhaushalt für das Haushaltsjahr 2025 nicht ausgeglichen ist. Für die Tilgung von Krediten und die Zahlungen an das Sondervermögen „Hessenkasse“ müsste die Stadt eine Summe von insgesamt 788.701 Euro leisten. Der Zahlungsmittelfluss der laufenden Verwaltungstätigkeit beträgt aber nur 496.250 Euro. Somit besteht hier eine Ausgleichslücke in Höhe von 292.451 Euro, die sich auch nicht durch ungebundene Liquidität decken lässt, so die Kommunalaufsicht. Beim Ergebnishaushalt 2025 gibt es zwar ebenfalls ein Minus in Höhe von 439.632 Euro, dieses kann allerdings durch vorhandene Rücklagen ausgeglichen werden.
Gewerbesteuereinbruch im Jahr 2024
Schon die Haushaltsjahre 2023 und 2024 endeten im Minus. Die Ergebnisrechnung 2023 wies ein Defizit in Höhe von 286.529 Euro auf, das allerdings über Rücklagen ausgeglichen werden konnte. Im Finanzhaushalt wiederum gab es Auszahlungen für die Tilgung und den Eigenanteil „Hessenkasse“ in Höhe von 752.337 Euro. Der Zahlungsmittelüberschuss der laufenden Verwaltungstätigkeit belief sich hingegen aber nur auf 670.164 Euro. Es sei jedoch genügend ungebundene Liquidität vorhanden gewesen, um die Finanzierungslücke zu schließen und somit überfällige Liquiditätskredite zu vermeiden, schreibt die Kommunalaufsicht.
Erschwerend hinzu kommt, dass der Jahresabschluss 2023 der Stadt Lindenfels verspätet aufgestellt wurde, sodass sich das vorläufige Rechnungsergebnis gegenüber der Planung wesentlich verschlechtert hat. Dies wirkte sich auch auf den sogenannten „Kash-Wert“ aus, der als Indikator für die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen gilt. Dieser ist von ursprünglich 80 auf 55 von 100 Punkten gesunken.
Durch einen Einbruch bei der Gewerbesteuer verschlechterte sich auch das Ergebnis im Jahr 2024 um 300.000 Euro auf ein Minus von 770.000 Euro. Dieser Fehlbetrag konnte aber durch Rückmittel ausgeglichen werden. Der Ausgleich der Finanzrechnung wird jedoch verfehlt.
Grundsteuer B soll 2026 wohl erhöht werden
Durch das Haushaltssicherungskonzept soll jetzt die Kuh vom Eis geholt werden, was die Haushaltssatzung 2025 betrifft. Ziel des Konzepts ist der mittelfristige Ausgleich des Ergebnis- und Finanzhaushalts, die Bildung von Rücklagen zur Vorsorge und die Schaffung von Handlungsspielräumen für notwendige Zukunftsinvestitionen.
Das Konzept beinhaltet unter anderem die Anhebung des Grundsteuer-B-Hebesatzes. Zwar hatte die Stadt Lindenfels im vergangenen Jahr den Grundsteuer-B-Hebesatz für das Haushaltsjahr 2025 schon einmal erhöht (von 870 auf 990 Prozent). Das wird aber aller Voraussicht nach nicht ausreichen. Laut dem Haushaltssicherungskonzept war ursprünglich angedacht, die Grundsteuer B auf 1.300 Prozent zu erhöhen. Doch hier legte der Finanzausschuss sein Veto ein und wählte eine etwas weichere, neutralere Formulierung, die besagt, dass die Grundsteuer B in ihrer Höhe für künftige Haushalte zur Finanzierung des Haushalts anzupassen ist. Auch andere Gebühren wie die Feuerwehrgebühren, die Wasser- und Abwassergebühren, die Verwaltungskosten und die Friedhofsgebühren und den Kurbeitrag will die Stadt einer eingehenden Prüfung unterziehen und dann anpassen.
Die Kommunalaufsicht bemängelte in ihrem Schreiben, dass alle Konsolidierungsmaßnahmen der Stadt Lindenfels nicht konkret genug gefasst sind und auch kein genauer Konsolidierungsbeitrag genannt wird. „Die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzepts erfolgt daher unter Zurückstellung von Bedenken und der Maßgabe, künftige Konsolidierungsmaßnahmen sowohl hinsichtlich der Formulierung, des Zeitpunkts ihrer Umsetzung als auch des Konsolidierungsbeitrags zu konkretisieren. Sollte in künftigen Haushalten der Ausgleich von Defiziten des Ergebnishaushalts, des Finanzhaushalts oder der Rückführung von überjährigen Liquiditätskrediten nicht durch andere Konsolidierungsmaßnahmen erreicht werden, ist zur Finanzierung des Haushalts eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B umzusetzen“, fordert die Kommunalaufsicht.
Schuldenstand beläuft sich auf 12,3 Millionen Euro
Zwar wird durch den Kreditverzicht die finanzielle Lage etwas verbessert, weil dadurch Schulden in Höhe des Tilgungsbetrags von 776.000 Euro abgebaut werden. Trotzdem beläuft sich der Schuldenstand zum Ende des Jahres immer noch auf knapp 12,3 Millionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von 2.331 Euro je Einwohner bedeutet und einen kritischen Wert darstellt, mahnt die Kommunalaufsicht.
„In den Folgejahren wird wieder mit Krediten geplant, die im Rahmen der jeweiligen Genehmigungsverfahren – auch mit Blick auf den weiteren Abbau der Überfinanzierung – genauer zu betrachten sind. Die Stadt muss sich dessen bewusst sein, dass der Schuldendienst auch in wirtschaftlich angespannter Situation geleistet werden muss“, drängt die Behörde darauf, dass die Stadt Lindenfels ihren Pflichten nachkommt. Auch der genehmigte Liquiditätskredit von einer Million Euro muss bis zum Ende des Haushaltsjahres zurückgezahlt werden.
Wie wichtig die Haushaltskonsolidierung ist, zeigt sich auch anhand des Finanzmittelbestands für 2025: Der Zahlungsmittelbedarf beträgt laut Haushaltssatzung rund 1,79 Millionen Euro. Abzüglich des Anfangsbestands von 253.000 Euro rutscht die Stadt Lindenfels am Ende mit 1,54 Millionen Euro ins Minus.
Investitionen in Brandschutz und Wasserversorgung
„Im Jahr 2025 sind Investitionen in Höhe von 1,57 Millionen Euro vorgesehen, davon entfallen circa 40 Prozent auf den Brandschutz. Im Bereich der Kinderbetreuung steigt der Zuschussbedarf auf insgesamt 1,75 Millionen Euro“, legt die Kommunalaufsicht dar. Positiver sieht es in drei anderen Bereichen aus: Bei der Abwasserbeseitigung wird ein Überschuss in Höhe von 67.483 Euro gezeigt. Für die Wasserversorgung wird ebenfalls von einem Überschuss ausgegangen, der mit 2.086 Euro allerdings relativ gering ausfällt. Im Friedhofs- und Bestattungswesen wird ein Überschuss von 18.234 Euro erwartet.
Für die Jahre 2026 und 2027 wird ein Investitionsvolumen von 3,8 Millionen beziehungsweise 2,4 Millionen Euro ausgewiesen. Die größten Maßnahmen beziehen sich auf die Wasserversorgung, den Brandschutz und den Straßenbau. 2028 wird derzeit nur mit Investitionsauszahlungen in Höhe von 562.000 Euro geplant“, informiert die Kommunalaufsicht. Die angespannte Haushaltssituation der Stadt Lindenfels zeige sich auch für das Haushaltsjahr 2025 beim „Kash-Wert“ - hier werden nur 60 von 100 Punkten erreicht.
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