Schwanheim. „Wenn es brennt, sind sie da“, war es Bürgermeisterin Christine Klein am Ende der gemeinsamen Jahreshauptversammlung aller Bensheimer Wehren wichtig, auf die uneingeschränkte Einsatzbereitschaft der Feuerwehrfrauen und -männer aufmerksam zu machen und dafür Danke zu sagen, dass sie immer zur Stelle sind. Denn das werde schnell und leicht übersehen. Ob Weihnachten, Silvester oder Familienfest – wenn die Einsatzkräfte alarmiert werden, „bleibt die Wurst auf dem Grill liegen“, so die Bürgermeisterin.
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Alarmiert wurden die Bensheimer Wehren im vergangenen Jahr insgesamt 505 Mal, Einsätze waren es 434. Die Differenz hängt damit zusammen, dass es immer wieder Ereignisse gibt, zu denen aufgrund der Situation mehrere Wehren alarmiert werden. Das war beispielsweise im August der Fall, als nach einem großen Unwetter die Stadt Rüsselsheim Unterstützung bei dem zum Teil verheerenden Überflutungen benötigte. Damals hatten 50 Einsatzkräfte der Wehren von Auerbach, Bensheim, Gronau, Langwaden und Schönberg nach Feierabend noch eine Nachtschicht in Rüsselsheim eingelegt.
Bis an ihre Grenzen gefordert waren die Brandschützer auch beim Hochhausbrand im September Im Entich: Denn nachdem sie dort über 50 Menschen mit Hilfe von zwei Drehleitern und Atemschutztrupps in den Nachtstunden aus dem Haus gerettet hatten, ging es übergangslos mit der Vorbereitung des Tags der offenen Tür am Stützpunkt weiter. Sowohl beim Brand im September als auch im November bei einem ausgedehnten Wohnungsbrand in den frühen Morgenstunden in der Mozartstraße war jeweils ein Todesopfer zu beklagen, was eine weitere Belastung für die Einsatzkräfte ist.
Die kuriosesten Einsätze
Aber sie kommen nicht nur, wenn es brennt. Sie kommen auch und helfen, wenn ein junger Mann seinen Ring nicht mehr vom Finger bekommt und dieser stark anschwillt, wenn im Vereinsheim der SKG Zell eine männliche Person vermisst wird, die dann in der Damentoilette aufgefunden wird, wenn im Regenrückhaltebecken in der Kalkgasse schlafende Dachse vorgefunden und ihnen eine Behelfsrampe geschaffen wurde, die sie dann auch nutzten oder wenn sich ein Jugendlicher in einer Schaukel verklemmte und sich nicht mehr befreien konnte.
Das waren nur einige Beispiele für die eher ungewöhnlichen Einsätze des vergangenen Jahres, die Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn im Dorfgemeinschaftshaus Schwanheim noch einmal Revue passieren ließ. Zwar sei die Zahl der 434 Einsätze im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr (476) gesunken, aber dafür sei die Anzahl der dabei geleisteten Stunden ungewöhnlich stark angestiegen – von 4200 Stunden in 2022 auf einen neuen Spitzenwert von 5200 Stunden im vergangenen Jahr.
Zu erklären ist das vor allem mit einigen zeitintensiven Großeinsätzen wie beispielsweise in Rüsselsheim, wo die 50 Kräfte über 13 Stunden tätig waren.
Mehr Verletzte als im Vorjahr
Dass die Bensheimer Wehren im vergangenen Jahr auch einige herausfordernde Einsätze hatten, machen andere Zahlen deutlich: Es gab 144 Verletzte (123 in 2022), 76 Personen (31 in 2022) wurden in Sicherheit gebracht, elf Personen wurden geborgen und elf Einsatzkräfte wurden verletzt. Diese eigentlich hohe Zahl der Verletzten und Geretteten ist vor allem mit zwei Ereignissen zu erklären: der im Oktober erfolgten Heißausbildung und dem Brandereignis im Hochhaus Im Entich, bei dem allein 54 Personen gerettet wurden. Bei der Heißausbildung übten 48 Feuerwehrkräfte unter äußerst realistischen Bedingungen die Brandbekämpfung. Das brachte zum Teil zwar leichte Verbrennungen mit sich, „hat aber viel gebracht“, so Karn. Ein Ausbildungsangebot, das auch Bürgermeisterin Klein nachhaltig beeindruckt hatte, wie sie am Freitagabend betonte.
Für all ihre Hilfeleistungen muss die Feuerwehr entsprechend ausgestattet sein. Angefangen von den digitalen Handfunkgeräten, über die sichere Einsatzkleidung bis zu den insgesamt 41 Einsatzfahrzeugen und vier Feuerwehranhängern, die in den zehn Feuerwehren zur Verfügung stehen. Diese Anschaffungen werden von der Stadt geleistet.
Belohnung für den aktiven Dienst
Die gemeinsame Jahreshauptversammlung der zehn Bensheimer Wehren wird von den Verantwortlichen auch gerne für Ehrungen und Beförderungen genutzt. Außerdem gibt es für langjährigen aktiven Dienst auch ein finanzielles Dankeschön. So würdigt das Land Hessen das ehrenamtliche Engagement mit einer Anerkennungsprämie, die den Jahren entsprechend ansteigt. Sie reicht von 250 Euro für zehn Jahre bis 1500 Euro für 50 Jahre aktiven Dienst, was allerdings eher selten ist. Insgesamt 28 Einsatzkräfte kamen am Freitag in den Genuss dieser Prämie, wobei Hermann Münster der Einzige war, der für 50 Jahre aktiven Dienst belohnt wurde.
Von Bezirks-Jugendfeuerwehrwart Pierre-André Reising wurde der stellvertretende Bensheimer Stadtjugendfeuerwehrwart Andreas Erhardt mit der Floriansmedaille in Gold ausgezeichnet. Für ihr langjähriges Engagement in der Jugendwehr erhielten Florian Schneider und Lukas Link (beide Hochstädten) die Floriansmedaille in Silber.
Eine besondere Ehrung nahmen Kreisbrandinspektor Steffen Lutter und Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn für die beiden Fehlheimer Aktiven Jörg Berg und Thomas Willwohl vor. Sie erhielten für ihr ehrenamtliches Engagement das Goldene Brandschutzehrenzeichen am Bande. Auch der bei der jüngsten Jahreshauptversammlung der Feuerwehr Bensheim-Mitte in die Alters- und Ehrenabteilung gewechselte langjährige Bensheimer Wehrführer Hans Förg wurde für seine langjährigen Dienstjahre mit dem Silbernen Brandschutzehrenzeichen ausgezeichnet.
Personelle Wechsel
Auch einige personelle Wechsel hat es zwischenzeitlich bei den Feuerwehren gegeben, die im Rahmen der gemeinsamen Jahreshauptversammlung mit der Überreichung der Ernennungsurkunde durch Bürgermeisterin Christine Klein und dem Sprechen der Eidesformel offiziell wurden (Bild oben rechts).
Neu im Amt des Wehrführers von Zell ist Tim Rettig, der den langjährigen Wehrführer Uwe Reichelt (2008 bis 2024) ablöste. Im Amt als Wehrführer bestätigt, wurden Eugen Sponagel (Auerbach) und Michael Henkes (Hochstädten). Neu im Amt als stellvertretende Wehrführer sind Daniel Koep (Mitte), Tobias Jöckel (Auerbach) und Cebulla Kryspin (Hochstädten).
Auch drei Beförderungen wurden vom Stadtbrandinspektor vorgenommen. Daniel Koep (Mitte) wurde zum Oberbrandmeister und die beiden Hochstädter Feuerwehrmänner Cebulla Kryspin und Florian Schneider wurden zu Löschmeistern befördert.
Stadtjugendwart Chris Pahlke gab mit seinem Bericht einen Überblick über die Nachwuchsarbeit in den Bensheimer Wehren. Sehr erfreut zeigt er sich über die gestiegene Mitgliederzahl in den zehn Jugend- und acht Kinderfeuerwehren. Eine Entwicklung, die sich so gerne fortsetzen könne, so Pahlke.
Höhepunkte für Kinder und Jugend
Insgesamt 67 Kinder und Jugendliche sowie 126 Erwachsene hatten sich zu Beginn des Jahres an der alljährlichen Weihnachtsbaum-Sammlung beteiligt. Neben den vielen praktischen und theoretischen Übungsstunden in den jeweiligen Wehren gab es auch einige Aktivitäten aller Nachwuchskräfte, wie etwas der Besuch der Polizeistation Bensheim und von Freizeitparks oder der Ausflug zu einem Campingplatz in Den Haag. Auch an der von der Jugendfeuerwehr Winterkasten an der Eleonoren-Klinik ausgerichteten Großübung beteilige sich der Bensheimer Feuerwehr-Nachwuchs, ebenso am Kreiszeltlager in Bürstadt.
Auf die Bedeutung der Nachwuchsarbeit hatten auch Bürgermeisterin Klein und Kreisbrandinspektor Lutter in ihren Grußworten hingewiesen. Bei der Brandschutzerziehung gehe es aber nicht nur darum, die Idee der Feuerwehr in die Schulen und Kindergärten zu bringen, so Klein. Vielmehr schule die Mitwirkung in der Feuerwehr auch fürs Leben und es sei „gut und wichtig“ dies schon Kindern mit auf den Weg zu geben.
Das Land Hessen unterstütze diese Arbeit, bescheinigte der Kreisbrandinspektor Bensheim eine gut aufgestellte Feuerwehr. Auch wies Lutter auf die Pläne des Landes hin, die Katastrophenschutzstäbe der Kreise zu schulen, und machte deutlich, dass auch bei den Ausbildungsangeboten auf Kreisebene Nachwuchs benötigt werde, da hier das Schulungspersonal überaltert sei. js
Die bedeutendste Verjüngung des Feuerwehr-Fuhrparks war im vergangenen Jahr die neue Drehleiter für 960 000 Euro, die auch schon ihren ersten Einsatz hatte. Das Vorgängermodell sei fast genau so teuer gewesen, allerdings damals noch in D-Mark, so der Stadtbrandinspektor, der noch andere Zahlen im Kopf hatte. In den 28 Jahren, in denen die alte Drehleiter 2500 Mal im Einsatz war, hatte sie über 600 Leben gerettet. Bürgermeisterin Klein wies darauf hin, dass die ausgemusterte Drehleiter demnächst in der Ukraine noch gute Dienste leisten werde.
Investiert wurde von der Stadt unter anderem auch in den weiteren Ausbau der einzelnen Feuerwehr-Standorte mit Notstromaggregaten sowie in den Ausbau des Sirenennetzes. Insgesamt seien im aktuellen Haushalt 1,4 Millionen Euro für Maßnahmen des Katastrophenschutzes vorgesehen.
Zuwachs bei jungen Mitgliedern
Aber all diese Gerätschaften und Fahrzeuge müssen sachkundig bedient werden. Dafür braucht es gut ausgebildetes Personal. Mit insgesamt 669 aktiven Mitgliedern hat sich im vergangenen Jahr die Zahl der Engagierten um 56 Personen erhöht, wobei vor allem beim Nachwuchs der Zuwachs bemerkenswert war.
Sowohl die Jugend- als auch die Kinderfeuerwehren haben inzwischen die 100er-Marke geknackt. Bei der Jugendwehr stieg die Zahl der Mitglieder von 81 auf 103, bei der Kinderwehr von 77 auf 100. In den Einsatzabteilungen der zehn Feuerwehren erhöhte sich die Zahl der Aktiven von 350 auf 361 Personen.
Lediglich in der einzigen Musikabteilung, die es bei den Bensheimer Wehren noch gibt, dem Musikzug Auerbach, war ein Rückgang von vier Personen auf jetzt noch acht Musiker zu verzeichnen. Unverändert geblieben ist die Zahl der 105 Feuerwehr-Pensionäre in den Alters- und Ehrenabteilungen.
Neben der Quantität spielt beim Personal aber auch die Qualität eine Rolle, die sich in einer hohen Zahl an absolvierten Fortbildungsmaßnahmen widerspiegelt. Nicht ohne Stolz und Respekt verwies der Stadtbrandinspektor auf den absoluten Spitzenwert von 273 Lehrgängen und Seminaren, die im vergangenen Jahr besucht wurden. Der bisherige Spitzenwert lag bei 174 und stammt aus dem Jahr 2008.
Um zwei Vollzeitstellen verstärkt wurde im vergangenen Jahr das hauptamtliche Personal, wobei dies insbesondere den Bereich Katastrophenschutz betrifft. Aber auch die Brandschutzerziehung in den Schulen und Kindergärten wurde verstärkt und liegt jetzt in den Händen des stellvertretenden Stadtbrandinspektors Jürgen Ritz.
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