Ukraine Namhafte Politiker waren vorsichtiger und besorgter

Lesedauer

„Laden. Zielen. Schießen. Fertig.“, BA vom Samstag, 28. Januar

Ein ukrainischer Offizier findet lobende Worte für die aus Deutschland gelieferten Panzerhaubitzen. Der Bericht endet mit dem Satz: „Irgendwo in 23 Kilometer Entfernung hat die deutsche Waffe Tod und Zerstörung gebracht.“

Auf der gleichen Seite wird die deutsche Außenministerin Baerbock zitiert, die im Europarat in Straßburg sagte. „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland ...“ Diese Äußerung erinnert an ihren Kommentar zum ersten Sanktionspaket gegen Russland: „Das wird Russland ruinieren.“

Man fragt sich, ob Frau Baerbock wohl glaubt, dass ihre starken Worte den Interessen unseres Landes dienen.

Auf europäischem Boden

Namhafte Politiker waren vorsichtiger und besorgter, wo es sich um Kriegsproblematik handelte. Zum Beispiel Altbundeskanzler Helmut Schmidt zur Lage in der Ukraine: „Ich halte nichts davon, einen dritten Weltkrieg herbeizureden ... Aber die Gefahr, dass sich die Situation verschärft wie im August 1914, wächst von Tag zu Tag.“ Er war überzeugt, ein Krieg zwischen den USA und Russland würde wegen der Interessen der Großmächte nur auf europäischem Boden stattfinden.

Der ehemalige französische Staatspräsident de Gaulle teilte diese Sicht: Die Kriegsführung der „Flexible Response“ verlagere jedes mögliche Kriegsgeschehen in Europa ausschließlich auf die Staaten der EU selbst.

Spirale der Eskalation

Klaus von Dohnanyi – er war Bundeswissenschaftsminister, Staatsminister im Auswärtigen Amt und Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg – schrieb zu den Gefahren, die Europa drohen: „Viele Europäer erkennen inzwischen, was bei einer Verteidigung Europas durch die USA auf europäischem Boden herauskäme: ein erneut total zerstörtes Europa, aber ein völlig unbeschädigtes Amerika.“

Nachdem Deutschland nun in eine Spirale der Eskalation hineingeraten ist, und nach den Panzerhaubitzen auch noch den Leopard 2 liefern wird, werden aus der Ukraine und aus der CDU bereits Rufe nach der Lieferung von Kampfflugzeugen laut. Der Bundeskanzler warnte allerdings vor einem Überbietungswettbewerb in der Waffenlieferungsdebatte. Er hat zur Besonnenheit aufgerufen und will auch weiter telefonisch mit Putin im Gespräch bleiben, um eine Konfliktlösung zu suchen.

Keine Sicherheit gebracht

Wohin kann das alles führen?! Wird die Führung im Kreml, wenn sie keine andere Möglichkeit mehr sieht, taktische Atomwaffen in der Ukraine einsetzen, wie die NATO es 1961 für den Fall eines Angriffs aus dem Osten geplant hatte? Darauf sollte sich jetzt jeder Politiker einstellen, wenn er die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine fordert.

Klaus von Dohnanyi schrieb 2022, die bisherige Konfrontation vonseiten des Westens habe keine Sicherheit für Europa gebracht. Man sollte Gespräche suchen – und er fügt noch einen wichtigen Aspekt hinzu: „Europa darf Russland – und wiederum hatten Macron und Merkel recht! – nicht an China verloren geben.“

Dieter Stephan

Bensheim

Leserbrief-Richtlinien online: www.bergstraesser-anzeiger.de/leserforum

Mehr zum Thema

Ampelkoalition Fernduell in der Regierung

Veröffentlicht
Mehr erfahren