Berlin-Wahl „Lehne die Logik ,Mehrheit ist Mehrheit’ strikt ab“

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Ich nehme Bezug auf den am 21. Februar im Bergsträßer Anzeiger erschienenen Leserbrief „Beherrscht denn niemand die Grundrechenarten?“ von Rudi Roth aus Lautertal. Da ich im zweiten Absatz dieses Leserbriefes indirekt angesprochen wurde – „Gibt es nicht sogar hier im Landkreis einen studierten Mathematiker, der seinen Berliner Parteifreunden das Berliner Wahlergebnis erklären könnte?“–, möchte ich hierzu gerne Stellung nehmen.

Die SPD hat ihr historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren. Sie hat die Wahlkreise verloren. Wenn man es mit der SPD schlecht meinen würde, würde man ihr noch viele „Siege“ dieser Art wünschen.

Obwohl ich studierter Mathematiker bin, wie der Autor in seinem Leserbrief zu Recht schreibt, ist aus meiner Sicht Politik mehr als die Beherrschung der Grundrechenarten. Ja, ein Linksbündnis hat auch nach dieser Wahl eine zusammengeschrumpfte rechnerische Mehrheit. Aber die Kombinationen CDU/Grüne und CDU/SPD haben ebenso eine rechnerische Mehrheit. Was ist also zu tun?

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Die Stadtverwaltung in Berlin ist dysfunktional, wie dies vor der Wahl zugegeben wurde. Im Klartext: Sie funktioniert nicht. Die Schulgebäude in Berlin verrotten, im Gegensatz zum Kreis Bergstraße übrigens. Wohnungen sind ein Luxusgut für Besserverdienende. Wer nachts auf den Straßen Berlins unterwegs ist, hat alles außer einem Gefühl der Sicherheit. Für die angeführten Missstände in der Bundeshauptstadt tragen die Genossen die Verantwortung. Seit mehr als zwei Jahrzehnten steht die SPD an der Spitze des Berliner Senats.

Zum Thema Anstand: Wie würde der Autor des Leserbriefs reagieren, wenn die CDU in den neuen Ländern gemäß seiner Logik „Mehrheit ist Mehrheit“ die linken Regierungschefs in den neuen Bundesländern durch Mehrheiten mit der AfD ablösen würde? Aus meiner Sicht wäre dies ein Bruch politischer Anstandsregeln unter Demokraten. Deshalb lehne ich dies strikt ab. Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob Anstandsregeln nur für bürgerliche Parteien ihre Gültigkeit haben.

Dr. Michael Meister

Diplom-Mathematiker und

Bundestagsabgeordneter