„Grüne wollen Tempo 30 in Zell“, BA vom 27. März
Als Gronauer fahre ich die Strecke durch Zell seit Jahrzehnten und kenne sie aus der Perspektive aller Verkehrsteilnehmer. Einigen Aussagen aus dem Artikel über die Demo für Tempo 30 in Zell muss ich deutlich widersprechen. So wird dort nur am Rande erwähnt, dass (rechtmäßig) parkende Fahrzeuge zur Situation beitragen und dieses gerade geprüft werde. Meiner Beobachtung zur Folge liegt aber genau hier die Hauptgefährdungsursache: Parkende Fahrzeuge am Straßenrand sorgen für stark eingeschränkte Sicht und daraus resultierender später Erkennung der anderen Verkehrsteilnehmer.
Viel Ausweichverkehr
Außerdem kommt es hinter jedem parkenden Fahrzeug täglich hunderte Male zum Anhalten von Fahrzeugen, die den Gegenverkehr durchlassen müssen, um anschließend wieder anzufahren. Ein permanentes Bremsen – Anfahren – Bremsen – Anfahren mit einem erheblichen Plus an Lärm- und Abgasemissionen, die ja bei der Demo ebenfalls beklagt wurden. Häufig kommt es dort zu Verstopfungen, weil die Lücken zwischen den parkenden Fahrzeugen oft nicht ausreichen, um alle fahrenden Fahrzeuge ausweichen zu lassen.
Einmal angenommen, es gäbe dort keine Parkerlaubnis mehr, dann . . .
wäre die Sicht für alle Verkehrsteilnehmer extrem verbessert.
würde ein Stop & Go hinter parkenden Fahrzeugen entfallen, der Verkehrsfluss würde ruhiger und emissionsärmer
würde die Verbesserung der Situation für Radfahrer vielleicht zusätzliche Verkehrsteilnehmer zum Umstieg aufs Rad verleiten.
wären auch Busfahrer, Feuerwehr und andere Führer großer Fahrzeuge sicherlich dankbar für die Entschärfung des Hindernisparcours.
Vermutlich ist ein durchgehendes Halteverbot bisher nicht erwogen worden, weil für die parkenden Fahrzeuge auf Anhieb keine alternativen Stellplätze gesehen werden.
Stellplätze schaffen
Ich schlage vor, dies einmal sehr gründlich mit allen Beteiligten zu prüfen. Auch die Schaffung zusätzlicher Stellplätze auf öffentlichem oder privatem Grund oder von Mietstellplätzen für Anwohner etwa auf bestehenden Parkplätzen in der Nähe sollte geprüft werden. Das bedeutet natürlich auch zwingend ausreichende Fristen bis zur Umsetzung des Halteverbotes.
Das im Artikel genannte zusätzliche „Argument“, ein durchgehendes Tempo 30 sei auch deshalb notwendig, weil es Autofahrer gebe, die sogar 60 oder 70 fahren, erscheint mir absurd. Alle sollen 30 fahren, um die zu schnell Fahrenden dann auch irgendwie unter die 50 zu bekommen? Naheliegend wäre dann doch wohl eher, die angeblichen Übertretungen von 50 km/h zu ahnden.
Zunächst einmal nur das Halteverbot umzusetzen und seine Auswirkungen zu prüfen, wäre ein vernünftiger Ansatz im Interesse aller Verkehrsteilnehmer und Anwohner ausreichend berücksichtigt.
Sollten später weitere Tempolimit-Reduzierungen gefordert werden, dann aber bitte nicht immer mit dem dogmatischen Ansatz, zwischen 30 und 50 km/h dürfe es keine Zwischenschritte geben. Warum? Weil dies Autofahrer verwirrt und überfordert? Lächerlich. Die Akzeptanz eines Tempolimits steigt erheblich, wenn es der Gegebenheit angemessen ist. In anderen Ländern wird aus diesem Grund oft noch flexibler darauf reagiert. Auch für andere Stellen in Bensheim, an denen Tempo 30 in der Diskussion ist, sollte die Option auf 40 als Kompromiss nicht gleich ausgeschlossen werden.
Matthias Eilks
Gronau