„Viel Kritik an der Stubenwald-Erweiterung“, BA vom 19. Juli
Im Artikel wird von Eberhard Erb (Naturschutzbund Deutschland) berichtet, er habe auch die aktuellen Hochwasserkatastrophen im Westen Deutschlands angesprochen. Der Klimawandel sei längst angekommen. „Wer jetzt noch Grünland zubetoniere, der habe nichts verstanden“ fasst der BA Erbs Aussagen zusammen. „Versickerung statt Versiegelung“ müsse der Fahrplan auch in Bensheim lauten.
Was wurde in Bensheim verstanden? Wenn in Bensheim in den letzten Jahren etwas gewachsen ist, dann versiegelte Grünflächen, ungelöste städtebauliche Probleme und ein Misstrauen gegenüber und unter den politisch Handelnden – die Ära von Bürgermeister Herrmann hat ihre Spuren hinterlassen. In dieser Situation erweist sich die neue Koalition in Bensheim als nicht lernbereit.
Schon die Ausweisung von Stubenwald II als Gewerbegebiet war ein ungeheurer Eingriff in den bestehenden Grüngürtel. Nun soll nach dem Willen der Koalition diese Grünzone im Bereich der ehemaligen Neckarschleife durch eine Industrieansiedlung weiter geschwächt werden.
Natürlich hört man den magischen Ruf „Kompensation“. Sabine Moter vom Vorstand des Nabu hat im Artikel deutlich gemacht: „Die Zerstörung einer natürlichen Tier- und Pflanzengemeinschaft kann durch ein paar künstlich angelegte Grünstreifen nicht annähernd ersetzt werden.“
Bereits jetzt ist die Riedwiese teilweise zugebaut und am Kirchberg hat die Stadt tatenlos zugesehen, wie ein „Zweifamilienhaus“ oberhalb vom Hospiz „saniert“ wurde und sich nun als massiger mehrstöckiger Klotz in die Grünzone hineinfrisst. Beschlossen ist bereits, das einmalige Naturerbe des Neckarbetts in Fehlheim-Schwanheim durch Bebauung mit einer Großkita zu zerstören – gegen den Willen von Bauausschuss und beiden Ortsbeiräten.
Was ist noch in Planung? Ein Neubaugebiet in Fehlheim, neue Sporthallen im Bereich Kappesgärten/Berliner Ring, das umstrittene Neubaugebiet Seegenberg/Schönberg, die dichte Bebauung des Meerbachsportplatzes, das Neubaugebiet an der Dammstraße.
Dem Wasser Platz verschaffen
Was ist zu tun? Wohnraum schaffen, ohne zusätzlichen Flächenverbrauch. Jede Bebauungskonzeption – beispielsweise für das Thermoplastik-Gelände in Schönberg – muss sich an der Frage orientieren, wie eine durch die Stadt „gemakelte“ Bereitstellung von altersgerechtem Wohnraum aussehen könnte.
Das Ziel: alten/alleinstehenden Menschen akzeptable Angebote für den Wechsel in kleinere, barrierefreie Wohnungen machen, dadurch Wohnraum für Familien ohne teure und ökologisch untragbare Neubauviertel schaffen.
Die Stadt müsste dazu beispielsweise ein aussagekräftiges Kataster über Wohnungsbelegungen erstellen und bereit sein, Bürgschaften bei vermietetem alten Wohnungsbestand zu leisten, um wechselwillige Ältere nicht zu verschrecken.
Dem Wasser Platz verschaffen und Flächen von Beton und Asphalt befreien – das sind die dringendsten Gebote der Stunde. Retention, also das Aufbewahren des überschüssigen Wassers, verspricht doppelten Gewinn: Die Flutwelle wird gekappt – und in einem Land, das absehbar mit heißem Wetter und häufigeren Dürren rechnen muss, wird das wertvolle Nass gespeichert.
Peter Lotz
Bensheim